Strukturen Hornung Trio

Album info

Album-Release:
2022

HRA-Release:
23.09.2022

Label: Traumton

Genre: Jazz

Subgenre: Contemporary Jazz

Artist: Hornung Trio

Album including Album cover

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Formats & Prices

Format Price In Cart Buy
FLAC 96 $ 13.50
  • 1 Strukturen 04:42
  • 2 Wenn die Sirenen wieder rufen 09:26
  • 3 Schizzo 07:59
  • 4 Nikolai 05:52
  • 5 Im Rausch 07:57
  • 6 Mach 06:10
  • 7 Leer 05:19
  • Total Runtime 47:25

Info for Strukturen

Vielleicht unterscheiden sich amerikanische und europäische Jazz-Pianisten am auffallendsten dadurch, dass jene aus der „alten Welt“ größtenteils mit Klassik aufwachsen, ehe sie sich der improvisierten Musik zuwenden. Es ist natürlich kein Zufall, dass sich Einflüsse von (Spät-)Romantik bis zur klassischen Moderne nun auch – markanter denn je – im Spiel von Ludwig Hornung ausmachen lassen. Sie verleihen seinen Kompositionen und dynamischen Improvisationen einen entschieden eigenen Charakter. Zudem offenbaren sie eine geradezu frappierende Entwicklung des Musikers und seiner Band, deren Debüt Spieler 2017 bei Double Moon Records erschienen ist.

Der eindrucksvolle Reichtum an Klangfarben, der allein schon durch nuancierten Anschlag auf dem Flügel möglich wird, ist essentiell für alle Stücke auf Strukturen. Ebenso wie der Verzicht auf traditionelle Formen, etwa dem typischen Ablauf 'Thema-Solo-Thema'. „Es war mir wichtig, starre Parameter zu vermeiden“, konstatiert Ludwig Hornung, „und schon während des Komponierens hat mich die subtile Tonbildung der Klassik sehr inspiriert.“ Nicht zuletzt begeistert er sich für die „damals revolutionäre Art, wie Skrjabin oder Messiaen mit Akkorden und Harmonien umgegangen sind.“ Bei der Beschäftigung mit Musik des frühen 20. Jahrhunderts stieß Hornung auf einen russischen Komponisten, dessen Werke ihn direkt und nachhaltig beeinfluss(t)en: Nikolai Roslavets. „Seine Stücke bewegen sich am Rand der Atonalität, ich empfinde ihn wie einen Link zwischen Skrjabin und Schönberg. An Roslavets fasziniert mich, wie er die typisch russische Kraft, Düsternis und emotionale Schwere mit versöhnlichen Stimmungen und feinen Ziselierungen des französischen Impressionismus vereint.“

Das Album-Titelstück Strukturen weckt Assoziationen zu weiteren Klassikern, seine glitzernden Arpeggien lassen etwa an Chopin und Liszt denken. Andererseits macht Hornungs packende Improvisation deutlich, dass er vor allem ein leidenschaftlicher Jazzer ist. Als solcher verehrt er besonders Paul Bley, den 2016 verstorbenen „leisen Genius des Free Jazz“ (Melody Maker). Darüber hinaus pflegt Hornung seit seiner Jugend ein Faible für – Achtung, scharfer Schnitt – Hiphop. „Ich finde besonders diese 'wackeligen' Beats interessant, die ich als erstes bei J Dilla gehört habe, mit denen aber auch beispielsweise Flying Lotus oft arbeitet“, erläutert Hornung. „Also wenn die Snare etwas zu spät oder die Kickdrum einen Hauch zu früh einsetzt. Dadurch erscheinen selbst simple Rhythmen irgendwie ungewohnt, sie bekommen etwas Schleppendes oder Asymmetrisches.“

Dieses Prinzip der spannenden Unregelmäßigkeiten nutzt Hornung im Abschluss-Stück Leer, das Oezsevim zu leicht versetzten Schlägen auffordert. In anderen Kompositionen spielt Hornung offensiv mit ungeraden Metren: die teils fließenden, dann wieder kantigen Schizzo und Mach basieren auf 7/4- und 5/4-Takten. Als Kontrast dazu verzichtet er im ruhigeren Nikolai und dem gravitätischen Wenn die Sirenen wieder rufen komplett auf rhythmische Beats zugunsten klangvoll-freier Schlagzeug-Einsätze. Eine Mischung aus beiden Ansätzen bildet Im Rausch, das zunächst auf ein konkretes rhythmisches Gefüge verzichtet, in den Solo-Teilen dann aber mit verschiedenen Taktarten arbeitet.

Die Balance, man könnte auch sagen der nahtlose Wechsel zwischen notierten und improvisierten Passagen sowie das Potential für energiegeladene, soghafte Steigerungen gehört ebenfalls zu den prägnanten Gestaltungsmitteln des agilen, 2016 gegründeten Trios. Lediglich im Titelstück hat Hornung auch den Groove klar notiert, darüber hinaus lässt er Bernd Oezsevim weitgehend freie Hand, wie der intuitive Drummer mit eigenständigen, teils komplexen Einsätzen die Stücke ausgestaltet. Hornungs Kooperation mit dem wendigen Bassisten Phil Donkin reicht zurück bis ins Jahr 2011. „Ich schätze beide sehr für ihre Energie und Fähigkeit, auch mal zurückhaltend zu begleiten“, stellt der Bandleader fest. „Phil kann hervorragend Ideen weiterdenken und Grundpfeiler bilden; er ist rhythmisch extrem versiert und ein starker Impulsgeber. Außerdem funktionieren er und Bernd perfekt zusammen – selbst wenn mal längere Pausen entstehen, weil alle Beteiligen immer wieder auch bei anderen Engagements gefragt sind.“

Wie gut das Trio miteinander harmoniert lässt sich an der Tatsache ablesen, dass sämtliche Stücke nach lediglich drei Proben im Studio eingespielt wurden. „Manches ist uns tatsächlich schon im ersten Take gelungen, an anderen Titeln haben wir dagegen relativ lange gearbeitet“, beschreibt Hornung die konzentrierte und kreative Stimmung während der Aufnahmen. Die Begeisterung danach und die einsetzende Vorfreude auf das alsbald kommende Album wurde indes durch die Pandemie gebremst – wegen Corona wurde der VÖ-Zeitpunkt vorsorglich um gut ein Jahr verschoben.

1986 in Bad Dürkheim geboren und an der Weinstraße aufgewachsen, erhielt Ludwig Hornung mit sechs Jahren ersten Klavierunterricht. Als Achtzehnjähriger gewann er mit seiner damaligen Band Vapour Trail eine CD-Aufnahme in den Bauer-Studios. Nach zwei Jahren an der Hochschule in Stuttgart wechselte Hornung ans Jazz-Institut Berlin, wo er seinen Bachelor mit Bestnote absolvierte; das dortige Jazz-Studium umfasst auch Klassikunterricht. Parallel zu seinem akustischen Trio gründete Hornung eine zweite Band, Triebwerk Hornung, in der er sich neben Saxophonist Wanja Slavin auf das Fender Rhodes fokussiert, unterstützt von John Schröder am Schlagzeug, der später von Oliver Steidle abgelöst wurde. Vor der Pandemie war Hornung zudem an den Aufnahmen eines Albums von Tobias Meinhart beteiligt, in der Folge tourte er mit dessen Band inklusive Gast-Star Kurt Rosenwinkel in Mittel- und Südeuropa und Ecuador. Seit einigen Monaten geht Hornung auch mit Solo-Programmen auf die Bühne, in denen er Jazz- und klassisches Repertoire mischt.

Einen bis jetzt noch nicht erwähnten wichtigen Aspekt von Strukturen deutet Hornung in seinen begleiteten Sätzen auf dem Cover an. Die Intensität der Musik rühre nämlich auch daher, dass er sich viel „Schmutz von der Seele“ geschrieben habe. „Die Zeit war relativ kompliziert. Die Musik reflektiert ein Spannungsverhältnis von Schmerz und Euphorie, in dem ich mich damals bewegt habe und das ich letztlich in eine positive Energie verwandeln konnte“, sagt Hornung. „Zum Umgang mit starken Gefühlen gehörte letztlich auch die Frage, wie ich mir Strukturen für mein zukünftiges Leben schaffe.“

Das neue Album des Ludwig Hornung Trios ist eine echte Überraschung, zumindest für alle, die die Band nicht in jüngerer Zeit live gesehen haben. Vielschichtige Kompositionen und Haken schlagende Improvisationen, das pointierte Spiel mit Klangfarben und Dynamik sowie die individuellen Inspirationsquellen lassen Strukturen weit aus dem bunten Feld des Piano-Jazz herausragen. Entschlossener Stilwillen, fesselnde Intensität und lebendige Spielfreude sorgen für lang anhaltenden und wiederholten Hörgenuss.

Ludwig Hornung, Klavier
Phil Donkin, Kontrabass
Bernd Oezsevim, Schlagzeug




Ludwig Hornung
Der Pianist komponiert und arrangiert für sein eigenes Quartett (Modern Jazz, CD "Pour La Chambre d'Aga" bei Intuition und CD "Sur Le Fil" bei Unit Records erschienen) und spielte mit seinem Quartett CD-Release-Konzerte in ganz Europa, unter anderem in London, Paris, Lyon, Lissabon, Berlin, Kassel, Swinemünde. Er begleitet andere musikalische Projekte wie Mi Solar (kubanische, Weltmusik), Enrico & Groove (Latin Jazz), Terra Caliente (Latin, Fusion ), Bérangère Palix & Band (französische Chansons), und weitere. Er war Mitglied der Band "Mo' Blow" (früher "Sahnefunk", Tour in London, Liverpool, Paris, Brüssel, Antwerpen, Norddeutschland, Dresden). Thibault Falk spielte unter anderem mit Kenny Martin, Michael Clifton, Fuasi Abdul-Khaliq, Ray Blue, Carlos Bica, Michael Kersting. In den Jahren 2007 und 2008 hielt er sich für musikalische Engagements in Dubai und Lausanne auf. Seitdem ist er in Berlin und widmet sich wieder seiner eigenen Musik.



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