Who is afraid of Richard W.? Eric Schaefer & The Shredz
Album info
Album-Release:
2013
HRA-Release:
18.01.2013
Label: ACT Music
Genre: Jazz
Subgenre: Mainstream Jazz
Artist: Eric Schaefer & The Shredz
Composer: Richard Wagner
Album including Album cover Booklet (PDF)
- 1 Prelude to a Prelude (Schaefer/Wagner) 01:32
- 2 Walküre 03:37
- 3 Waldweben 06:51
- 4 Lohengrin I 02:53
- 5 Siegfried Idyll 03:37
- 6 Isoldes Verklärung 02:19
- 7 Nietzsche in Disguise (Schaefer) 05:41
- 8 Tannhäuser 03:24
- 9 Amazingly Slow (Schaefer) 03:35
- 10 Dante Sonata (Liszt) 03:46
- 11 Love and Death (Schaefer/Meitz/Arthurs/Eckhardt) 02:55
- 12 Tristan 02:53
- 13 Lohengrin II 02:53
Info for Who is afraid of Richard W.?
Runter vom Hügel rein in den Club: Mit Infusionen vom Progrock und New Wave bis zu Ambient und Dub wird der alte Meister, Richard Wagner, neu belebt.
Man wird Michael Wollny und Eva Kruse sicher nicht zu nahe treten, wenn man feststellt, dass Eric Schaefer in Michael Wollny’s Trio [em], „Deutschlands kreativstem Jazztrio' (Kulturspiegel), am deutlichsten für das Pop-Element und die humorvollen Untertöne steht. Seine „kompromisslose Vitalität in völlig verschiedenen Richtungen wie freie Improvisationen und klassische Komposition, Punk und vielfältige Folklore, neue Musik oder Minimal Music, Pop und Elektronik“ (Neue Zürcher Zeitung) hat der Berliner Schlagzeuger außer mit [em] bereits in den verschiedensten Bandprojekten unter Beweis gestellt, von „Soulmate“ und „Henosis“ bis zu „Johnny La Marama“ und dem Arne Jansen Trio. Stets nutzt Schaefer die ganze Palette der jüngeren Musikgeschichte und sein mit teilweise selbstgebauten Perkussionsinstrumenten und Elektronik ergänztes Drumset, um ein ganz persönliches Klang-Amalgam zu erschaffen, was ihn laut Die Zeit zu einem 'der heimlichen Zentralgestirne in der […] deutschen Jazzszene“ macht.
Trotzdem ist es eine Überraschung, was sich Schaefer für sein erstes eigenes ACT-Album ausgesucht hat: Mit „Who is afraid of Richard W.?“ nimmt er sich den umstrittensten und monumentalsten aller Opernkomponisten vor. Richard Wagners 200. Geburtstag ist da nur der Anlass, die Gründe liegen tiefer: „Ich habe mich im Lauf der vergangenen Jahrzehnte rückwärts gehört“, erklärt Schaefer. „Zuerst spielte ich Ravel und Debussy im Orchester, dann entdeckte ich Mahler und über ihn habe ich schließlich bei Wagner viele Dinge gefunden, die ich eigentlich schon kannte, aber erstmals bei ihm mit dieser Durchschlagskraft gehört habe. Vor allem in die Vorspiele habe ich mich zuerst verliebt: Lohengrin, Tannhäuser, Tristan und Isolde.“ Wobei die Verbindung streng genommen bereits viel früher hergestellt worden war: „Als Kind habe ich 'What‘s Opera, Doc?' geliebt: ,Der Ring‘ in zehn Minuten mit Bugs Bunny und Elmer Fudd im Zeichentrickformat – wenn man solch einen kleinen humoristischen Hau weg hat und dennoch mit Liebe zur Sache dabei ist, dann kann man die Walküre so interpretieren wie wir das hier gemacht haben“, erzählt Schaefer schmunzelnd. In der Tat ist der gelegentlich aufflackernde Humor von „Who is afraid of Richard W.?“ ein Mittel, durch welches das grotesk Monumentale eine Nahbarkeit und Alltagsrelevanz gewinnt.
„Wagner ist natürlich ein wahnsinniges Gewicht, ein Gigant, ein Titan, der da auf einen zurollt. Bei dessen Gesamtkunstwerk wurde von Nietzsche über Adorno und Thomas Mann bis Jonathan Meese um die Deutungshoheit gekämpft. Und da komme ich mit meiner Jazz-Affinität. Und gerade der Jazz ist ja auch subversive Musik, die Totalitäres bricht. Von dieser vom Maximalismus befreiten Perspektive aus kann man einen neuen Standpunkt generieren, der Wagner wieder möglich macht“, befindet Schaefer.
Und nicht nur das, die Variabilität des aktuellen Jazz, für die auch ein Eric Schaefer steht, holt Wagner direkt in die Gegenwart, vom Bayreuther Hügel rein in den Club. Denn der Dub-Step-, HipHop- und Elektronik-Liebhaber Schaefer stellt die Opernthemen des Gesamtkunstwerk-Romantikers in einen groovenden Kontext. „Das war für mich ganz natürlich und einfach,“ erzählt Schaefer, „denn die Melodien sind so flashy, dass mir sofort Ideen kamen, wie ich sie und die ihnen innewohnenden Emotionen und Dramaturgien umsetzen kann.“ Schon im einleitenden „Prelude“ also wabert die Orgel, malt ein Synthesizer Sphärenklänge, thront eine helle, hallige West-Coast-Jazz Trompete über dem Geschehen. Munter im Psychedelic-Sound der Seventies geht es auch beim „Lohengrin-Vorspiel“ zu, dem Schaefer selbst mit langsam rollendem, federnden Schlagzeug den Takt vorgibt. Die Walküren wiederum reiten wie später auch „Nietzsche In Disguise“ im heavy Dub-Groove heran und auch Siegfried rüstet sich mit Reggae zum Kampf. „Isoldes Liebestod“ und auch Tristans Trauer werden zu chilligen, perkussiv durchgerüttelten Balladen.
Mit dem jungen britischen Trompeter Tom Arthurs (der bereits dreimal den BBC Jazz Award gewann), dem Keyboarder Volker Meitz und dem Avantgarde-Bassisten John Eckhardt hat Schaefer ein dafür offenkundig ideales Quartett zusammengestellt, das er selbst am besten mit dem nötigen Enthusiasmus vorstellt: „Wir kommen aus ganz unterschiedlichen Ecken. Tom ist tief in der Jazztradition verwurzelt, so spielt er etwa mit John Taylor oder Fred Hersh. Er hat diese unfassbare Melodiösität, diese Sensibilität und auch den Humor, um diese tausendmal gehörten Melodien so spielen zu können, dass sie frisch klingen. Volker nimmt mit der Orgel eine Schlüsselstellung ein, weil sie das Orchester und das Monumentale darzustellen in der Lage ist wie kein zweites Instrument. Er kommt aus der Club-Richtung, aus der feinen, souligen, groove-orientierten Ecke, hat mit Sonar Kollektiv gearbeitet und Remixes von 4hero gemacht. John wiederum ist ein gefragter Bassist der Neuen Musik, der etwa im Ensemble Modern, beim Klangforum Wien oder der musikFabrik NRW selbst schon Erfahrungen gesammelt hat, klassisch romantische Musik in einen aktuellen Kontext zu stellen.“
Wenn Schaefer konstatiert: „All das ergab für mich eine reizvolle Mischung“, dann ist das eine mächtige Untertreibung. Selten klang Klassisches so frisch, nie hat einer zugleich den Monumentalismus und die zartesten Regungen in Wagners Werk so spannend wie lässig bewältigt – dank des überzeugenden Konzepts, das den alten Meister mit Infusionen vom Progrock und New Wave bis zu Ambient und Dub neu belebt: Willkommen im Club, Herr Wagner!
Eric Schaefer, drums & electronics
Tom Arthurs, trumpet & flugelhorn
Volker Meitz, organ, Fender Rhodes & keyboards
John Eckhardt, bass
Recorded July 2012 by Axel Reinemer at Hansa Studio Berlin
Assistant: Conrad Hensel
Mixed by Guy Sternberg. Mastered by Klaus Scheuermann
Produced by Eric Schaefer
Eric Schaefer
ist kein Schlagzeuger, keiner der im Hintergrund nur den Groove hält oder stupide mit den Besen rührt. Das ist ihm zu wenig. Sein Instrument ist gestaltbildendes Element. Schaefer ist vielmehr Schaffender, Aktiver und Kreativer. Damit ist er eines 'der heimlichen Zentralgestirne in der […] deutschen Jazzszene' wie DIE ZEIT schreibt. Geboren 1976 in Frankfurt, ausgebildet in Köln und Berlin, ist Schaefer vor allem als Teil von Michael Wollny’s Trio [em], dem magischen Dreieck aus drei harmonierenden Individuen, bekannt. Mit ihrer aktuellen CD „Wasted & Wanted' löst „Deutschlands kreativstes Jazztrio' (Kulturspiegel) bei Presse und Publikum Jubelstürme aus. 2011 werden die Drei mit dem ECHO, dem wichtigsten deutschen Musikpreis, als bestes nationales Jazzensemble ausgezeichnet. Und ein Jahr später wird Schaefer für seine Leistungen hinter den Trommeln ebenfalls mit dem ECHO Jazz gewürdigt, als bester Schlagzeuger national.
Zu reduzieren ist Schaefer auf dieses Trio keineswegs. Die Palette seiner musikalischen Ausdrucksformen ist vielschichtig. Das Arne Jansen Trio oder Rockjazz mit Johnny La Marama sind weitere Schwerpunkte seiner Arbeit. Von Hardcore-Punk bis Milles Davis - all das ist bei ihm kein Wiederspruch. „Musiker wie [...] Eric Schaefer [...] führen die Improvisation als Rückgrat ihrer Musik mit kompromissloser Vitalität in völlig verschiedenen Richtungen wie freie Improvisationen und klassische Komposition, Punk und vielfältige Folklore, neue Musik oder Minimal Music, Pop und Elektronik.' schreibt die Neue Züricher Zeitung über den vielschichten wie tiefgründigen Schlagzeuger. In welcher Konstellation auch immer: Schaefer prägt diese Bands mit seiner persönlichen Handschrift, seinen Kompositionen und seinem wandlungsfähigen, extrem farbenreichen und markant-eigenwilligen Spiel. Etwa 40 veröffentlichte Tonträger als Bandleader, Komponist und Sideman hat er bereits auf seinem Konto. Gäbe es einen Nobel-Preis für Schlagzeug, wäre Eric Schaefer laut ROLLING STONE ein ganz heißer Kandidat dafür.
Booklet for Who is afraid of Richard W.?