Dieter Ilg with Rainer Böhm & Patrice Héral


Biography Dieter Ilg with Rainer Böhm & Patrice Héral


Dieter Ilg
Der Bassist und Echo Jazz Preisträger Dieter Ilg zählt heute zu jener Handvoll europäischer Spitzenmusiker, die es verstehen, in jedes Projekt einen unverkennbaren musikalischen Beitrag einfließen zu lassen. Ob als gefragtes, stilsicheres Gruppenmitglied oder als Leiter seiner eigenen Ensembles: immer versteht es Ilg, seine Funktion als Bassist und Fundament des musikalischen Geschehens mit einer grazilen Leichtigkeit und Ausdrucksstärke zu verbinden, die sich den instrumentaltechnischen Schwierigkeiten des Kontrabasses zu entziehen scheint. Dieter Ilg vereint wie nur wenige die Kunst des Begleitens und die Kunst des Solierens.

Mit sechs Jahren, gestählt durch exzessive Blockflöterei im Kindergarten, spielte Dieter Ilg Geige, später Bratsche, mit dreizehn wechselte er zum Kontrabass. Sein erster wichtiger Lehrer war Norbert Brenner, der Solokontrabassist des SWF-Sinfonieorchesters Baden-Baden. Dieter Ilg studierte an der Musikhochschule Freiburg und der New Yorker Manhattan School of Music (1986/87). Parallel ließ er sich wissbegierig von Meistern des Fachs wie Eddie Gomez, Ron McClure, Rufus Reid, Adelhard Roidinger und Miroslav Vitous in die Geheimnisse der hohen Gestaltungskunst einweihen. Und er konnte auf die ersten profunden Bühnenerfahrungen aufbauen. Denn, noch während seiner Schulzeit, wurde er festes Mitglied des Joe Viera Sextetts (1981-84) und startete im Anschluss daran zusammen mit dem Pianisten Klaus Ignatzek ein erstes Trio. Bald schon spielte er mit Künstlern wie Bobby Watson, Roman Schwaller oder David Liebman. Letzterer trug entscheidend dazu bei, dass Ilg sich für einen New York–Aufenthalt entschied und lud ihn ein, in NYC im Januar 1987 ein John Coltrane Memorial Concert mitzugestalten.

Wenige Wochen nach seiner Rückkehr aus New York gründete Dieter Ilg sein erstes eigenes Trio mit dem Gitarristen John Schröder und Wolfgang Haffner am Schlagzeug. Gleichzeitig wurde der Youngster Mitglied des Randy Brecker Quintets (1987-89). Und mit einem Mal ging es Schlag auf Schlag. Baden-Württembergischer Jazzpreis 1988, (aus der Begründung: “Faszinierend sind die Ausdrucksstärke und Leuchtkraft seines Tones, die Originalität seiner Ensemblekonzeption und seine individuelle harmonische Denkweise”), regelmäßige Auftritte mit der WDR-Big-Band, eine Spanientournee mit Bennie Wallace (1989), im selben Jahr die Neuauflage seines Trios, diesmal mit dem New Yorker Pianisten Marc Copland als Partner. Drei Trio-CDs mit den US-Schlagzeugern Bill Stewart, Ralph Penland und Jeff Hirshfield zeugen von dieser spannenden Zusammenarbeit.

Dann kamen die musikalisch reibungsintensiven Neunziger. Seit 1991 war Ilg mit Deutschlands renommiertester Modern Jazz Combo, dem Mangelsdorff / Dauner Quintett unterwegs. Das Goethe-Institut schickte ihn an der Seite von Christof Lauer durch die Welt. Die Arbeit mit Copland war zur künstlerischen Freundschaft gereift und brachte im Trio und Quintett immer neue reizvolle Klangfacetten zum Vorschein.

Zu dieser Zeit kam es auch zur ersten Zusammenarbeit mit ACT und Siggi Loch: Dieter Ilg wirkte 1992, im Gründungsjahr des Labels, am allerersten ACT-Album, der GRAMMY nominierten Flamenco-Jazz Produktion Jazzpaña (ACT 9212-2), mit – unter der Leitung von Vince Mendoza und zusammen mit Künstlern wie Michael Brecker, Al Di Meola, Peter Erskine, Steve Khan u.v.m.. Mit dem französisch-vietnamesischen Gitarristen Nguyên Lê und dem Drummer Danny Gottlieb wurde ordentlich jazzrockig abgeräumt: Auf ACT erschien die gemeinsamen Album „Million Waves“ (ACT 9221-2) und „Three Trios“ (ACT 9245-2).

Zugleich suchte Ilg nach einem ganz eigenen Projekt, nach Musik, die ihn verwurzelte, und fand sie in der Auseinandersetzung mit “Folk Songs” (1997), “Fieldwork” (1998) und „LIVEILG“ (2001).

Der Gedanke war einfach und einleuchtend: Wo sonst, wenn nicht im eigenen Land, stößt man auf seine kulturellen Ursprünge? Ilg begann Volkslieder zu bearbeiten und fand mit dem Gitarristen Wolfgang Muthspiel und dem Schlagzeuger Steve Argüelles das passende Basis-Trio. Das Programm schlug ein, über vier Jahre hinweg gingen die Musiker damit auf Tournee, bis sie selbst fast kein “Im Märzen der Bauer” und “Winter Ade” mehr hören konnten. Die Presse war ebenfalls begeistert (u.a. 1998 Stern des Jahres, Münchner Abendzeitung) und Ilg wurde auch daheim als Koryphäe seines Instrumentes wahrgenommen. Längst brachte er als Dozent an der Musikhochschule Freiburg den Nachwuchs auf den Weg (1995-97, 2001ff) und war doch bis zu diesem Zeitpunkt ausdauernd als Newcomer, Geheimtipp gehandelt worden.

Ein klein wenig hielt ihn vielleicht auch die Küche Mitteleuropas von einem Wohnortwechsel in die USA ab. Denn im Laufe der Jahre hatte Ilg seine Liebe zu einem angemessenen kulinarischen Standard entwickelt, der sich immer mehr zu einem wichtigen persönlichen Gestaltungsmerkmal ausweitete. Er sprach sich herum als Feinschmecker und Koch, seine Gastrotipps werden von tourenden Kollegen geschätzt und ein Abendessen bei Ilg erreichte in Musikerkreisen Kultstatus. Seit 2000 schreibt und unterhält er eine regelmäßige Gastrokolumne („Jazz cooks“) im Jazzmagazin “Jazz thing”.

Dieter Ilg blieb also in seiner Heimat und baute neue Projekte auf. Zum Beispiel mit Charlie Mariano. Im Jahr 1998 hatte er bereits das Album „Savannah Samurai“ des außergewöhnlichen und charismatischen Saxofonisten produziert. Es folgten ausgedehnte Tourneen mit dessen Band. Man lernte sich noch besser kennen und schätzen. So entstand ein kammermusikalisches Duo der Extraklasse, welches bis zuletzt (Charlie Mariano starb im Juni 2009) zutiefst beeindruckte – festgehalten auf den Alben „A La Carte“ und „Eisenhans und Due“. Im Jahr 2001 gründete Dieter Ilg sein eigenes Label “fullfat”, auf der er ausschließlich eigene Projekte veröffentlicht.

Im Jahr 2006 wirkte Dieter Ilg auf einer weiteren ACT Produktion mit: Auf „Abracadabra“ (ACT 9447-2) waren 13 Bearbeitungen von Filmmusiken aus der Feder von Deutschlands berühmtestem Saxofonisten Klaus Doldinger zu hören – im Trio mit Dieter Ilg (Bass), Roberto Di Gioia (Piano) und Wolfgang Haffner (Schlagzeug). Ebenfalls 2006 erhielt er den Reinhold-Schneider-Preis der Stadt Freiburg. Zwischen 2006 und 2011 war er regelmäßig in Till Brönners Live-Band zu hören. 2008 erreichte die hohe Kunst des Reduzierens einen Höhepunkt auf der Kontrabass-Soloeinspielung „Bass“, die bei Presse und Zuhörern ein euphorisches Echo auslöste. Im gleichen Jahr erfüllte sich Dieter Ilg mit den im März 2010 veröffentlichten Bearbeitungen von Giuseppe Verdis Otello im Trio mit Rainer Böhm (Piano) und Patrice Heral (Schlagzeug) einen lang gehegtem Wunsch.

Außerdem stand Dieter Ilg 2010/2011 mit dem neuen Jazz-, Blues- und Soulprogramm von Star-Bariton Thomas Quasthoff auf der Bühne und spielte auch auf dessen Album „Tell it like it is“. Im März und April 2011 war Dieter Ilg mit Till Brönners „At the end of the day“ auf Deutschlandtournee. Weitere Tourneen und Konzerte in 2011/2012 mit seinem preisgekrönten Trio folgten, u.a. Auftritte bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, beim Klavierfestival Ruhr sowie das Eröffnungskonzert der Thüringer Jazzmeile und die Einladung zum Dresdner Jazzfestival.

Am 28. November erschien Dieter Ilgs erstes Album unter eigenem Namen auf ACT - die auf Schloss Elmau aufgezeichnete Live-Einspielung von „Otello“, mit zahlreichen neuen Bearbeitungen der Otello-Oper unter dem Titel „Otello live at Schloss Elmau“ (9522-2). Für Otello erhielt Dieter Ilg im Jahr 2011 den ECHO JAZZ als bester Bassist national.

© 2010-2024 HIGHRESAUDIO