Wie viel braucht es, um gute Musik zu machen? Wie viele Musiker? Und wie viel Können? Die Erfahrung lehrt, dass mit steigendem Grad des Könnens die Notwendigkeit einer Menge von Musikern sinkt und dass sich ab einem bestimmten Grad der Unfähigkeit die Menge zum Dilemma lediglich additiv verhält.
Wenn sich Gitarren-Altmeister Bill Frisell gemeinsam mit Schlagzeuger Hermlin Riley, der schon mit Wynton Marsalis, Ahmad Jamal, Geroge Benson und anderen Jazzgrößen mit Beats versorgte, dem Trompeter Ambose Akinmusire anschließt, ist das Ergebnis vielversprechend, und das in mannigfaltiger Hinsicht.
Akinmusire wird derzeit als der Erneuerer des Jazz gehandelt. Warum das so ist? Nun, er nutzt bekanntes und macht damit Unbekanntes. Wie im Falls seines jüngsten Albums Owl Song. Ob damit ein Eulen-Lied oder ein altes Lied gemeint ist, sei dahingestellt, zumal sich zum Owl Song 1 auch ein Owl Song 2 gesellt, neben sechs weiteren Titeln, die sich zu knapp 42 Minuten Jazz der anderen Art addieren.
Wie so eine Mischung aus alt und neu ausschauen kann, zeigt Mr. Riley, bei dem Akinmusire über einen typischen New Orleans Jazzbeat spielt, den Riley allerdings auch variiert, illustriert und vielgestaltig orchestriert.
Was Akinmusires Jazz aber vor allem so anders macht, ist die Ruhe, die aus der Musik strahlt. Es ist ein friedliches, entspanntes Hören, eine stille Atmosphäre, die von flauschigen Drums und weichen Akkorden getragen viel Fläche für anhaltende Trompeten-Noten schafft. Die in Henya fast etwas an ein Warm-up im Orchestergraben erinnert. Die in Grace Anmut zum Klangbild transformiert. Oder in Flux Feelings seine Ruhe aus einer beinahe meditativen Ostinato-Struktur schöpft.
Owl Song ist für mich eines der überraschendsten Jazz-Alben des Jahres und gehört zu meinen definitiven Favoriten. Dringend reinhören!
Ambrose Akinmusire, Trompete
Bill Frisell, Gitarre
Herlin Riley, Schlagzeug
(Thomas Semmler, HighResMac)