Arild Andersen – Landloper (Live)

Review Arild Andersen – Landloper (Live)

Ein Jazz-Album für Solo-Bass aufzunehmen, ist spätestens seit 1993 ein gewagtes Abenteuer, denn damals erschien bei ECM Pendulum von Eberhard Weber. Der hatte Möglichkeiten einer Echo-Einheit für Loops und von Overdubbing für sich entdeckt und ein vielschichtiges und Maßstäbe setzendes Album erschaffen. Gute 21 Jahre später geht der norwegische Bassist Arild Andersen einen ähnlichen Weg, aber Landloper wählt letztlich einem gänzlich anderen Ansatz.

Andersen, einer der bedeutendsten europäischen Jazz-Bassisten, hat sich für eine Mischung aus Eigenkompositionen und neu interpretierten Stücken anderer Jazz-Größen entschieden. Dabei fährt er gefühlt seinen eigenen Karriereweg ab, der Standards, Fusion, Folk und anderes mehr integriert, deren Charakteristika in den sechs Stücken des Albums da und dort prominent hervor scheinen..

Den Auftakt des Albums bildet Peace Universal von Bob Moses, dass interessanter Weise in seiner Struktur und Akustik tatsächlich ein bisschen an Klangwelt aus Webers Pendulum erinnert. Dreamhorse führt den Reigen melodischer fort, mit rhythmischen Einsprengseln aus dem Klangvielfalt des Viersaiters flankiert und von Schlussapplaus gewürdigt. Denn das ist auch ein Element des Albums: Andersen spielte alle Stücke mit ihren digitalen Loops live ein – eines bei sich zu Hause und die übrigen fünf im Osloer Jazzclub Victoria Nasjonal Jazzscene.

Wobei „die Stücke“ nicht ganz so schlicht zu verstehen ist, denn mit Ghost / Old Stev / Landloper und dem Schlussstück Lonely Woman / Song for Che trägt Andersen jeweils kombinierte Song-Pakete vor, deren einzelnen Titel er clever ineinander verwebt und mit beeindruckenden Einwürfen wie dem Solo in dem Dreier-Set auswertet.

Klanglich ist die Aufnahme ECM-typisch sehr hochwertig. Die Mischung von aktivem Spiel, Loops und Effekten ist integrativ und an keiner Stelle ist zu dick aufgetragen. Der Bass hat Köper, Holz und Resonanz. Und die Aufnahme liefert neben Breite und Fülle selbst die feinen Transienten mit. Für Bassliebhaber ist Landloper gewiss ein Ohrenschmaus. Und für alle übrigen? Exzellente Unterhaltung auf hohem Niveau. (Thomas Semmler, HighResMac)

Arild Andersen, Kontrabass, Electronics

Arild Andersen – Landloper (Live)

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