Kurz vor dem Erscheinen dieses Albums ging die Schlagzeile „Der brasilianische Sänger und Gitarrist João Gilberto ist tot“ durch die Presse. João Gilberto gilt zusammen mit dem Sänger und Komponisten Antônio Carlos Jobim als Erfinder des Bossa Nova. Er wurde 88 Jahre alt und verbrachte seine letzten Lebensjahre zurückgezogen und angeblich verarmt in Rio de Janeiro. Weltruhm erlangte er Ende der Fünfzigerjahre als Sänger mit „The Girl from Ipanema“, ein Song, der gemeinsam mit Antônio Carlos Jobim entstand, der zusammen mit dem Saxophonisten Stan Getz, mit dem Gilberto mehrere Alben aufnahm, als Nummer-Eins-Hit der Charts Furore machte, und der den Bossa Nova von Brasilien hinaus in die Welt trug und im Laufe der Jahre unzählige Male unter anderem von Frank Sinatra gecovert worden ist.
Der Bossa Nova ist eine sexy und lebenslustige, gleichzeitig morbide Mischung aus dem Samba Canção und Cool Jazz und basiert ursprünglich auf einem oft flüsternden Gesangsstil. Ganz anders interpretiert die auf Atlântico active Sängerin des Bossarenova Trios, Paula Morelenbaum den Bossa Nova: anstelle des flüsternden Gesangs pflegt sie eine offene Art des Singens und das Trio mit Joo Kraus (tp, horn, fx), Ralf Schmid (p), und Amoy Ribas (perc) unterstützen diesen Ansatz durch eine mit teils heftigen aufnahmetechnischen Tricks, wie Overdubbing nicht gerade sparsame, sehr lebhafte, dynamische instrumentale Begleitung, die die zurückhaltende, sanfte Begleitung, wie sie ursprünglich üblich war, ersetzt. Das „nova“ im Namen des Trios trägt diesem Sachverhalt Rechnung, der nach mehr als 60 Jahren Bossa Nova nicht nur berechtigt ist, sondern erfreulicherweise frischen Wind in die südamerikanische Samba/Cool Jazz Mixtur bringt. Bis auf „The Man I Love“ behält Paula Morelenbaum das ursprüngliche Portugiesisch des Bossa Nova bei, was eine gute Enrtscheidung ist, trägt diese Sprache doch entscheiden zum lasziven Schimmer des Bossa Nova bei, den im englisch gesungenen „The Man I Love“ geradezu schmerzlich vermisst.
Kennengelernt haben sich der Trompeter Joo Kraus, der Pianist und Arrangeur Ralf Schmid, und die in Rio De Janeiro beheimatete Sängerin Paula Morelenbaum anlässlich des Bossarenova Bigband - Projektes der SWR Bigband anno 2009, das realisiert wurde, um der heutigen Wirkungskraft des Bossa Nova nachzuspüren. Der Erfolg des Projekts war Anlass, den Bossa Nova in instrumental auf ein Trio konzentrierte Form mit Paula Morelenbaum als Sängerin auf die Bühne zu bringen. Der Erfolg durch enormen Publikumszuspruch ließ nicht auf sich warten. Zwischenzeitlich ist das Bossarenova Trio mit seiner Sängerin weltweit erfolgreich mit Konzerten in unter anderem San Francisco und New York City bis Berlin und Hamburg sorgten.
Der extrovertierte Bossa Nova von Trio und Sängerin ist eine Mixtur aus dem originalen brasilianischen Bossa Nova und dem klassischen europäischen Lied, was bis zu einem gewissen Punkt erklärt, dass der neue Bossa Nova handfester, aber auch abwechslungsreicher daher kommt als das brasilianische Original. Man darf wohl von einem Brückenschlag der Kulturen sprechen und dem Bossarenova Trio sowie seiner brillianten Sängerin zu diesem Coup gratulieren, der beiderseits des Atlantiks begeisterte Anhänger findet.
Bossarenova Trio