Vorauseilend sei gleich zu Beginn gesagt, dass wir es hier mit einem ein außergewöhnlichen, von sämtlichen Mitwirkenden überragend gut gespielten Album zu tun haben. Außergewöhnlich ist die Zusammenstellung der Werke mit Klavier-Orchesterstücken von zwei französischen Komponisten und einem deutschen Komponisten. Noch niemals hat es jemand gewagt, das im Konzertbetrieb beliebte Klavierkonzert in G-Dur von Maurice Ravel aus dem Jahr 1932 mit dem auch heute noch als widerständig empfundenen, zehn Jahre jüngeren Klavierkonzert des Zwölftöners Arnold Schoenberg zu kombinieren. Zum Ravel-Konzert passt der französischen Clarté der Komposition wegen das Klavier-Orchesterwerk Oiseaux exotiques von Olivier Messiaen, das allerdings ebenfalls noch nie mit dem Ravel-Konzert kombiniert aufgenommen worden ist.
Die überragende Interpretation aller drei Werke auf diesem Album verdanken wir gleichermaßen dem Pianisten wie dem Orchester und dem Dirigenten. Das Orchestre de la Swiss Romande, das unter Ernest Ansermet, dem bedeutenden Schweizer Dirigenten der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zur Hochform aufgelaufen ist, was in unzähligen, über ein Vierteljahrhundert entstandenen Aufnahmen unter dem Label Decca dokumentiert ist. Später hat das Orchester unter verschiedenen Dirigenten wegen stark wechselnder Qualität deutlich an Renommee verloren. Unter Jonathan Nott erlebt das in Genf ansässige Orchester erfreulicherweise gerade seine zweite Blütezeit, was es mit diesem auf dem Label Pentatone erschienen Album durch eine hervorragend ausgearbeitete Spielweise eindrucksvoll bestätigt. Hinzu kommt die allseits anerkannte hohe, auf Klarheit abzielende Aufnahmequalität von Pentatone die einen ähnlichen Stellenwert und ein ähnliches Alleinstellungsmerkmal hat wie Decca zu Beginn der Stereozeit. All dies, das Orchesterspiel und die hochaufgelöste Aufnahmetechnik kommt der Farbigkeit und raffinierten Instrumentierung der Ravel- und Messiaen-Stücke zugute, aber auch dem als eher unzugänglich verschrienen Schoenberg-Konzert, das die Klarheit des Orchesterspiels und der Aufnahme in eine neue Dimension katapultiert, in der von Ruppigkeit keine Rede sein kann.
Der neunundreißigjährige Pianist Francesco Piemontesi erweist sich in allen drei Kompositionen als dem Orchester und Dirigent kongenialer, feinsinniger Pianist, ja geradezu als idealer Interpret, dem es mindestens gleichwertig zu den Konkurrenzaufnahmen von Ax, Brendel and Uchida gelingt, das Schoenberg-Konzert als hochwertiges und hörenswert und alles andere als widerständig darzustellen. In Messiaens Oiseaux exotiques aus dem Jahr 1956 erweist sich Francesco Piemontesi al wahrer Schwärmer des Vogelgesangs. Als wahres Wunder erweist sich das mit Jazz-Elementen aufwartende Ravel-Konzert, das der Pianist zusammen mit dem Orchester in beispielhafter Offenheit hinreißend realisiert, was es erlaubt, die jede Facette von Ravels Orchestrierung deutlich zu hören, von den sanftesten Tamtam-Anschlägen bis zu einer hypnotisierenden Passage mit einer Reihe von Harfenharmonien. Und der langsame Satz, der dem Hörer in eine märchenhafte Zwischenwelt entführt, in der zerbrechliche Zartheit vorherrscht, gelingt geradezu überwältigend. Man darf mit einigen Recht behaupten, dass diese Interpretation des Ravel-Konzerts der unerreichten genialen Wiedergabe durch Arturo Benedetti Michelangeli, begleitet vom Philharmonia Orchestra unter Ettore Gracis aus dem Jahr 1958, die immer noch hervorragend klingt, nahekommt wie keine andere.
Francesco Piemontesi, Klavier
Orchestre de la Suisse Romande
Jonathan Nott, Dirigent