Langsam aber sicher spricht es sich auch in Europa herum, dass das in Minneapolis ansässige Minnesota Orchestra kein zweitrangiges Orchester mehr ist, sondern gleichrangig rangiert zu den sogenannten Big Five der US-Orchester. Der jetzige Orchesterchef Osmo Vänskä konnte von seinem Vorgänger Eiji Oue ein bestens trainiertes Ensemble übernehmen, dem er über die achtzehn Jahre seiner Tätigkeit vor Ort klanglichen und musikalischen Feinschliff angedeihen ließ, der sich heutzutage in einen samtigen, opulenten Sound und stets überzeugender Musizierhaltung manifestiert. Zahlreiche Aufnahmen von unter anderem Sibelius-Sinfonien und dem seit einigen Jahren der Vollständigkeit entgegen strebenden Zyklus von Mahler Sinfonien künden ebenso vom Rang des Orchesters wie die Aufnahme sämtlicher Sinfonien von Beethoven, die bereits in den Anfangsjahren der Chefposition des finnischen Dirigenten entstanden sind und seinerzeit weltweit für Aufsehen sorgten.
So hervorragend die bisher mit dem Minnesota Orchestra erschienen Mahler Sinfonien ausgeführt sind und klingen, so widersprüchlich ist die Reaktion der Kritik auf die Interpretation des Dirigenten. Für Irritation sorgt seine stets kontrollierte Herangehensweise an die Partitur, die im Gegensatz zu der etablierten, zum Teil extensiven romantischen Sicht steht, mit der es üblich geworden ist, Mahler stark individualisiert aufzuführen. Dieser eher nüchterne, eher objektive denn subjektive Ansatz bekommt den Sinfonien Mahlers unterschiedlich gut. Die soeben veröffentlichte vierte Sinfonie profitiert von diesem Ansatz, der vom Orchester durch perfektes, virtuoses Spiel gestützt wird. Diese Sinfonie, deren letzter Satz vom Sopran Carolyn Sampsons glasklarer Stimme geleitet den Hörer direkt in den Himmel entführt, entbehrt nicht nur im Finalsatz sämtlicher orchestraler Schwere der meisten anderen Sinfonien Mahlers. Das Minnesota Orchestra erweist sich in dieser Sinfonie als Meister einer Leichtigkeit, die im Gegensatz zur glasklaren, luftigen, verträumten Stimmung, die etwa George Szell in seiner berühmten Aufnahme mit dem Cleveland Orchestra bevorzugt, bodenständig und warm gestimmt daherkommt.
Hier haben wir es also mit einer Interpretation zu tun, die eine Alternative zum Mainstream der Interpretation von Mahlers Vierter darstellt und deren orchestrale Realisierung ebenso wie die klangliche Qualität des Downloads von allererster Güte sind. Sehr empfehlenswert.
Carolyn Sampson, Sopran
Minnesota Orchestra
Osmo Vänskä, Dirigemnt