Noch nie gab es so viele als Solisten tätige erstklassige Cellisten und Cellistinnen wie heutzutage, Typischerweise sind diesem die vierzig Jahre alt und jünger. Wieso das so ist, müsste genauer untersucht werden. Jedenfalls gehört der in Heidelberg geborene Nicolas Altstaedt zu diesen international erfolgreich auftretenden Top-Cellisten. Einem Ritterschlag durch den Geiger Gidon Kremer gleich kommt seine Ernennung im Jahr 2012 als dessen Nachfolger beim Kammermusikfest Lockenhaus gleich. Außerdem wurde er 2015 wiederum als künstlerischer Leiter und auch als Chefdirigent der Haydn-Philharmonie bestellt, die von Ádám Fischer aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und der großen ungarischen Orchester gegründet wurde. Außerdem hält er eine Professur für Cello an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler. Nicolas Altstaedt darf also zurecht als universeller Musiker und nicht nur als exzellenter Cellist bezeichnet werden.
Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit betrifft die neue Musik. So arbeitete mit den Komponisten Thomas Adès, Jörg Widmann, Matthias Pintscher, Sofia Gubaidulina und Bryce Dessner und HK Gruber zusammen. 2011 Jahr spielte er zum 85. Geburtstages des Komponisten György Kurtág dessen Doppelkonzert in Budapest, 2012 das Cellokonzert Versuchung zum 60. Geburtstag von Wolfgang Rihm. 2017 spielte er die finnische Premiere von Esa-Pekka Salonens Cellokonzert beim Helsinki Festival.
Die neue Musik ist auch Gegenstand seines Albums Creation. Anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Kammermusikfests Lockenhaus hatte er Komponisten eingeladen, zum Geburtstag der Festspiele neue Werke zu komponieren. Zwei Cellokonzerte bilden die Hauptwerke auf dem Album, das von Helena Winkelmann dauert 25, jenes von Raphaël Merlin 15 Minuten. Der Rest des Programms besteht aus kurzen Stücken für verschiedene Besetzungen, die unter dem Titel Premières Musicales zusammengestellt wurden. Eingeladen hat Nicolas Altstaedt zu dem Geburtstagsfeierlichkeiten in bester Manie de s Musikfests gleichgesinnte Musikerkollegen , denen die Kammermusik am Herzen liegt. Als Solist bei den beiden uraufgeführten Cellokonzerten ist Altstaedt selbst zu hören. Für ihr Cellokonzert Atlas ließ sich die Schweizer Komponistin Helena Winkelman in der griechischen Mythologie und am Schicksal des Atlas inspirieren, der von Zeus damit bestraft wurde, dass er das Himmelsgewölbe über der Erde tragen muss. Dieses als Tondichtung angelegte Cellokonzert hinterlässt beim Hörer dank einer raffinierten Komposition einen bleibenden Eindruck. Das Cellokonzert Merlin von Raphaël Merlin erweist sich als spannendes Werk, das weniger auf dramatische Eloquenz und Kommunikativität setzt wie das Cellokonzert der Schweizer Komponistin, das jedoch auf seine ruhigere Art ebenfalls zu überzeugen vermag. Das Engagement und der Einsatz von Nicolas Altstaedt für diesen beiden Konzerte ist bemerkenswert und stellt einen entscheidenden Teil des Erfolgs dar, den die beiden Werke beim Publikum dieses Kammermusikfestivals Lockenhaus verbuchen konnten.
In den übrigen kurzen, zum Teil sehr kurzen Uraufführungen des Albums sind unter anderen die Geiger Ilya Gringolts und Vilde Frang als Solisten zu hören. Das Cellokonzert von Helena Winkelmann wird von Barnabàs Kelemen dirigiert und für das das Cellokonzert von Raphaël Merlin steht der Komponist höchstselbst am Pult.
Creation dokumentiert das erfolgreiche vierzigjährige Bestehen des Kammermusikfestivals Lockenhaus, das selbst nach so langer Zeit dank des stets vollen Einsatzes seiner Musiker, aber auch des enthusiastischen Publikums nichts an Attraktivität verloren hat. Außerdem dokumentiert dieses Album nachhaltig, dass Nicolas Altstaedt ein würdiger Nachfolger des Festivalgründers Gidon Kremer ist.
Nicolas Altstaedt, Cello
Helena Winkelman, Violine (Track 4)
Vilde Frang, Violine Tracks 8-13)
Gidon Kremer, Violine (Track 17)
Ilya Gringolts, Violine (Tracks 4, 5, 14, 15)
Tatiana Grindenko, Violine (Track 16)
Meesun Hong Coleman, Violine (Track 6)
Nicholas Rimmer, Klavier (Tracks 14, 15, 22)
Julian Hedenborg, Klavier (Track 5)
Joonas Ahonen, Klavier (Track 6)
Zsolt Fejervari, Kontrabass (Track 4)
Peter Szabo, Cello (Track 4)
Lockenhaus Strings (Tracks 1-3, 18-21, 23)
Kremerata Baltica (Tracks 16, 17)
Raphael Merlin, Dirigent (Tracks 18-21)