Die stets barfüßig auftretende, auf der Bühne emotionsgeladen körperlich ungebremst agierende, moldauisch-österreichisch-schweizerische Geigerin Patricia Kopatchinskaja widmet sich auf Le monde selon George Antheil dem Bad Boy of Music, wie sich der US-Komponist und Pianist George Antheil selber gerne bezeichnete. Neben Werken von Antheil sind auch Werke von seiner später geborenen Landsleute Morton Feldman und John Cage sowie der Klassiker Ludwig van Beethoven auf dem Album versammelt, den er geradezu abgöttisch verehrte und dessen Werke er stets im ersten Teil seiner Konzerte spielte, bevor er zu seiner eigenen Musik überging, die allesamt gewissermaßen die Welt des amerikanischen Urgetüms von einem Komponisten bestimmen. Ihr Entdeckungsdrang führte und führt Patricia Kopatchinskaja von der Musik der Renaissance zu zeitgenössischen Kreationen. Außerdem hat sie erst unlängst ihr Repertoire auf Vokalrollen ausgeweitet, wie z. B. in Ligetis Mysteries of the Macabre oder Schönbergs Pierrot Lunaire, die sie u. a. mit Musikern der Berliner Philharmoniker aufgeführt hat. Schließlich hat sie vor kurzem hat die dadaistische Ursonate ("Ursonate") von Kurt Schwitters verfilmt. Ihr Entdeckungsdrang hat sie nunmehr auch zu George Antheil geführt, der lange Zeit eher als Geheimtipp gehandelt wurde, neuerdings jedoch unter vor allem jüngeren Interpreten zunehmend auf Interesse stößt. Sein Werk ist eine schillernde Veranstaltung und er selber ist eine nicht weniger schillernde Persönlichkeit, der den Jazz der zwanziger Jahre, die ihn als Musikstudent in Berlin sah, geradezu inhalierte und in einer höchst eigenen Lesart in seine perkussiven, dissonanten und stark rhythmische Kompositionen integrierte. Während seiner Zeit in Europa nutzte Antheil das Paris der Jazz-Ära als akzeptiertes Mitglied der Avantgarde, und besuchte unter anderem zusammen mit Igor Strawinsky die Pleyel-Klaviermanufaktur, um ihm dessen Les Noces am Klavier vorzuführen.
Für Le monde selon George Antheil hat sich Patricia Kopatchinskaja mit dem jungen finnischen Pianisten Joon Ahonen zusammengetan, der Mitglied des Klangforums Wien ist, eines der führenden Ensembles für zeitgenössische Musik, und Gründungsmitglied des Rödberg Trios, das sich auf klassisches und romantisches Repertoire auf historischen Instrumenten spezialisiert hat. George Antheil ist auf dem Album mit seiner umfangreichen viersätzigen Violinsonate Nr. 1 aus dem Jahr 1923 vertreten, dem Beethovens ebenfalls umfangreiche viersätzige Violinsonate Nr. 7, John Cages Nocturne für Violine und Klavier (1947), und zwei Werke von Morton Feldman, Piece for Violin and Piano (1950) und Extensions 1 für Violine und Klavier (1951) gegenüberstehen.
Mit den Feldmann-Stücken lässt uns Kopatchinskaja/Ahonen Duo in eine magische Welt eintauchen, deren Fülle an Farben und Schattierungen, die beiden sanft schwebend aufspannen. Als Kontrastprogramm die Antheil-Sonate, deren äußere Sätze durch ihre perkussive, repetitive, maschinengewehrartige Musik auffallen, und deren inneren Sätze mit arabischen Elementen aufwarten, die, die Antheil auf einer Reise nach Tunis erlebt hatte. Kopatchinskaja und Ahonen zelebrieren die Binnensätze der Sonate mit zarter Lyrik und die beiden Außensätze mit den ihnen angemessenen Explosivität. Antheil hätte seine Freude an dieser Interpretation gehabt. Seine uneingeschränkte Zustimmung hätte auch die Sicht der beiden Künstler auf die Violinsonate Beethovens gefunden, die mit einer Fülle von Farben und emotionalem Ausdruck dargeboten wird und die mit Kopatchinskajas stechendem, flüsternden und krächzenden Ton stets gefährlich klingt.
Gerade einmal vier Minuten bleiben dem Zuhörer, um in die Klangwelt von John Cages Nocturne einzutauchen. Kopatchinskaja und Ahonen gestalten diese Miniatur mit berückender Präzision und gleichzeitig innerer Freiheit und lassen dadurch eine fesselnde nächtliche Landschaft vor dem inneren Auge des Zuhörers entstehen. abrundet.
Die Mischung unterschiedlicher Kompositionen verschiedener Komponisten auf Le monde selon George Antheil zusammen mit den erstklassigen Interpretationen der beiden Künstler resultieren in einem höchst attraktiven Album, das man einfach besitzen muss.
Patricia Kopatchinskaja, Violine
Joonas Ahonen, Klavier