Schaut man die Verkaufszahlen an, bekommt man stark den Eindruck, dass The Lilac Time eine Band ist, die mit jeweils unter 1000 Kopien ihrer bislang zehn Alben eher mäßig erfolgreich eine Nische im englischen Folk besetzt. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Qualität der Alben zu tun ,als vielmehr mit dem zurückhaltenden Interesse des Publikums an dieser Art von Musik. Es hat aber wohl auch damit zu tun, dass The Lilac Time und vor allem ihr Gründer und Sänger der Band Stephen Duffy nie besonders auf riesigen Erfolg beim Publikum aus war, was sich halt auch entsprechend im Bekanntheitsgrad niederschlägt. Dabei ist es keineswegs so, dass Stephen Duffy nicht auch anders kann, hat er doch 2005 als Songschreiber für Robby Williams einen geradezu extrem Erfolg eingefahren und vor langer langer Zeit die Band Duran Duran als Sänger und Songschreiber mit initiiert hat. Man darf also davon ausgehen, dass der Mann weiß, was er will. Und was er heutzutage will und wovon das neue Album Return to Us kündet, ist sanfter englischer Folk mit bemerkenswert aktuellem politischem Anspruch.
Das Cover des neuen Albums schlägt eine Brücke zurück in die Vergangenheit der Band, nämlich zum ersten Album The Lilac Time aus dem Jahr 1987, dessen Cover durch das Cover von Return to Us nachempfunden ist. Zum Brückenschlag kommt es allerdings auch in Sachen politische Stimmung in Großbritannien, dass Seinerzeit in arm und reich ähnlich tief gespalten war wie das heutige Brexit-Großbritannien in Remain und Leave. Wenig Verständnis zeigt Stephen für die unzeitgemäße Sehnsucht der Remainer nach einem weltumspannenden Empire. Diese Abneigung und die angestammte Stimmung im seinem Vaterland, das jetzt unmittelbar vor Wahlen steht, bringt er im neuen Album zum Ausdruck. Und dies tut er nicht etwa im aggressiven Tonfall, sondern britisch zurückhaltend, und damit keinesfalls weniger nachhaltig. Ein schönes Beispiel dafür findet sich im Titelstück: „If disco sucks, then so does rock, let’s stop them turning back the clocks much further, return to us, we are right where you left us“.
Zu hören bekommt man auf Return to Us die von Anfang an aktive Kernmannschaft von The Lilac Time mit Nick Duffy, Claire Duffy and Stephen Duffy, die seit 2015 Lilac Time alleine ausmachen. Die neun Titel des Albums, die im heimischen Tonstudio von Nick und Stephen Duffy aufgenommen wurden beziehen sich vorrangig auf die aktuelle politische Lage durch Bezugnahme auf vergangene Ereignisse, wie den D-Day in „March To The Docks“, auf zentralauditive Verarbeitungsstörungen in „King Kopetsky“, auf das Leben vor Erfindung des Internet in „The Simple Things“, auf den Neorealismus italienischer Art in „A River That Runs Both Ways“, auf die weltweit wachsende Dummheit in „(I’m) A Believer“.
Return to Us bildet nicht zuletzt mit ihrem deutlich politischen Anspruch einen Höhepunkt in der langjährigen Geschichte von Lilac Time. Sehr hörenswert.
Stephen Duffy & The Lilac Time