Anton Bruckner selbst gab seiner vierten Symphonie den Beinamen «Romantische» – aber was heißt das eigentlich: romantisch? In unserer immer strenger auf Vernunft, auf rationalen, kalten Rechnungen und reibungslosem Funktionieren basierenden Arbeits- und Lebenswelt benennt der Begriff ein etwas diffuses Bedürfnis nach dem Ausdruck von Gefühlen, die wir so oft unterdrücken müssen. Und um dieses De zit auszugleichen, nehmen wir, Hand aufs Herz, dort und da auch einmal das Unechte, Vorgetäuschte in Kauf, wenn es uns dabei doch in eine romantische, das heißt, von Liebe und Sehnsucht geprägte Stimmung zu bringen vermag. Die Formulierung «in Kauf nehmen» ist übrigens keineswegs zufällig gewählt, denn gerade zum Kaufen soll uns das so vielfältig interpretierbare Signalwort immer wieder anregen – vom Badezusatz bis zur Urlaubsreise, vom Parfüm bis zum Eigenheim. «Ob Damenmode oder Eisen- bahn, ob Candlelight-Dinner oder Wellness-Hotel: Die Romantik ist immer dabei. Sie liegt wie eine Kuscheldecke über den Dingen», konstatiert der deutsche Publizist Georg Rudiger in diesem Zusammenhang. ...