Man nehme: einen filigranfähigen Pianovirtuosen, ein sensibles Orchester, einen Dirigenten mit Geschmack und viel Zartgefühl. Warum das aufhorchen lässt, präsentiert das Album Boulanger, Fauré, Hahn, eingespielt vom William Youn zusammen mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Valentin Uryupin.
Über Youn wurde schon viel lobendes geschrieben. Sein feinfühliger Anschlag, seine geschmackvollen Interpretationen, seine Fähigkeit, Musik nicht vorzuspielen, sondern einzuladen, sie mitzuerleben. All das trifft auch auf diese Einspielung zu, und der besondere Charme liegt in dem Umstand, dass auch Orchester und Dirigent diese Fähigkeiten besitzen. Dass sie feinfühlig spielen, die Klänge sanft in den Raum entlassen und selbst die Pauken gefühlvoll Fülle aus dem Untergrund schaffen.
Diese Sensibilität der Musiker ist ein Glücksfall für die Stücke. Das Album präsentiert besondere Werke für Klavier und Orchester. Das wäre das selten zu hörende Klavierkonzert in E-Dur von Reynaldo Hahn, zusammen mit zwei Titeln, die von William Youn eigens für Klavier neu arrangiert wurden. Dazu gesellt sich die Fantaisie variée pour piano et orchestre von Nadia Boulanger. Und Gabriel Fauré, der im November 1924 verstarb, sodass 2024 auch sein Gedenkjahr ist, ehrten die Musiker mit geschmackvollen Einspielungen der Ballade Op. 19, N 56, der Fantaisie, Op. 111 und des Après un rève, Op. 7, No. 1.
Die Aufnahme selbst ist wunderbar transparent und präzise in ihrer Wiedergabe. die Bühne erstreckt sich realistisch in mäßiger Breite und Tiefe und erlaubt eine klare Ortung der Instrumente. Youn selbst steht vorne, leicht rechts positioniert, und der akustische Eindruck ist fast, als könnte man den Hammerköpfen bei der Arbeit zusehen. Doch das ist – wie gute Konserven halt sind – nur perfekte Illusion.
Dennoch (oder gerade deshalb) ist diese Aufnahme eine der schönsten Darbietungen, die das Jahr bisher geboten hat. (Thomas Semmler, HighResMac)
William Youn, Klavier
Berlin Radio Symphony Orchestra
Valentin Uryupin, Dirigent
Bilderkredit: Irène Zandel