Es ist erstaunlich, wie gewandt und sicher die zweiundzwanzigjährige Jazzpianistin Connie Han auf ihrem taufrischen Debutalbum Crime Zone Avenue im Umfeld ihrer Quartettkollegen (In „Another Kind of Right“ gesellt sich der Trompeter Brian Swartz zum Quartett) Edwin Livingston (Bass), Walter Smith III (Tenorsaxophon) und Bill Wysaske (Schlagzeug und Produzent des Albums) zugange ist. Seit ihrem fünften Lebensjahr sitzt die Tochter chinesischer US-Immigranten am Klavier und versucht sich zunächst im klassischen Repertoire, bevor sie als Teenager auf den Schlagzeuger Bill Wysaske trifft, der sie entschieden und dauerhaft in Richtung Jazz lenkte:
„Da ich nie von einem formalen Klavierlehrer für Jazz ausgebildet wurde, kam der größte Teil meiner musikalischen Perspektive aus der Interaktion mit einem professionellen Schlagzeuger zu einem Zeitpunkt, als ich ganz junges Mädchen vorwiegend davon träumte, mir ein schönes Leben zu machen. Ich denke, diese Erfahrung hat mir einen einzigartigen Vorteil verschafft, der die stark perkussiven Elemente meines Spiels beeinflusst.“
Wie stark der charakteristische perkussive Einsatz der linken Hand den Jazz Connie Hans prägt, erfährt man bereits im ersten Titel „Another Kind of Right“ ihres Albums, in dem sie zunächst in Konkurrenz zum Schlagzeug das Spiel ihrer Kollegen auf dem Piano vehement vorantreibt, die für die Themengestaltung zuständig sind bis Connie Han rechtshändig auf dem Rhodes thematisch mitmischt. Wie sich eine Fusion aus ihrer vehement wilden, überaus fantasiereichen Melodienführung mit der rechten Hand und dem dazu stampfenden Bass ihrer linken Hand ausmacht erfährt man nachdrücklich im Solotitel „Shade Of Jade“. Auf diesen folgt in „Member This“ vom Bass und Schlagzeug begleitet eine Reminiszenz an die entspannte Spielweise berühmter Jazzpianisten der Vergangenheit.
Dass Connie Han nicht nur als Pianistin glänzt, sondern auch eine begnadete Songwriterin ist beweist sie mit sieben der zehn Titel von Crime Zone Mac Avenue, zu denen auch teilweise der Schlagzeuger seinen Beitrag geliefert hat. Dass sie darüber hinaus Geschmack bei der Auswahl der drei nicht aus ihrer Feder stammenden Songs an den Tag gelegt hat, beweisen Stephen Sondheims „Pretty Women“, Joe Hendersons „Shade Of Jade“ and Duke Pearsons „Is That So?“. Als besonders schmackhaftes Bonbon aus der Wundertüte Connie Hans erweist sich der kurze Song „Extended Stay“ in klassischer Triobesetzung, mit dem die Musiker die letzte beschwingt temperamentvolle Seite des Albums aufschlagen und den Hörer fröhlich gestimmt in seinen Alltag entlassen.
Crime Zone Mac Avenue erweist sich als äußerst abwechslungsreiche Tour durch die luzide Jazzwelt einer sehr jungen Pianistin, die mit ihrer eigenständigen Spielweise und großen Gestaltungskraft zu überzeugen vermag. Man darf gespannt sein, wohin Connie Han angesichts ihrer frühen Meisterschaft ihr Werdegang noch führen wird. Sie selber sieht sich ausgesprochen bescheiden als Teil der aktuellen Jazzszene und Verfechterin des Überkommenen:
„Als neuer Künstler möchte ich zeigen, dass es möglich ist, unendlich viele neue Ideen zu entwickeln, ohne die Sprache des Jazz neu erfinden zu müssen. Für mich ist diese Sprache universell.“
Connie Han, Klavier, Fender Rhodes
Edwin Livingston, Bass
Bill Wysaske, Schlagzeug
Walter Smith III, Tenorsaxophon (Tracks 1-4, 9)
Brian Swartz, Trompete (Track 1)