Überaus lebendig, vor Energie schier berstend und stets innovativ improvisierend und scheinbar mühelos synkopierend wie kaum einer der bis heute weitgehend bevorzugten US-Konkurrenten: das ist Tubby Hayes. Wie kommt es dann, dass man auf dem heutigen Markt kaum Wiederauflagen der zwischen 1955 und 1972 zahlreich entstandenen Tubby Hayes Alben findet, und dass der nicht die Rolle unter den Jazz Saxophonisten spielt, die ihm gebührt? Zum einen liegt das wohl daran, dass er 1973 bereits mit 38 Jahren in Folge seines Drogenkonsums viel zu früh verstorben ist. Zum anderen dürfte das wohl daran liegen, dass bis heute das Vorurteil herrscht, dass zumindest in den Fünfzigerjahren bis in die Achtzigerjahre ausschließlich die USA bedeutende Saxophonisten, wie unter anderen Dexter Gordon, Johnny Griffin, Sonny Rollins, Sonny Stitt and John Coltrane hervorgebracht haben. Dabei hat Tubby Hayes sein Bestes getan, um den Kollegen in den USA zu zeigen, dass ein Saxophonist aus England mit ihnen gleichziehen kann. Durch Präsenz vor Ort demonstrierte er das eindrücklich im Half Note Club in New York City im Jahr 1961, und auf dem danach mit Clark Terry, Eddie Costa, and Horace Parlan eingespielten Album Tubbs In N.Y. und ein Jahr später auf dem mit James Moody, Roland Kirk, Walter Bishop Jr, Sam Jones and Louis Hayes eingespielten Album Return Visit. Trotz weiterer USA Auftritte 1964 und 1965 gelang es ihm allerdings nicht, das Vorurteil nachhaltig zu beseitigen, dass ein Saxophonist aus den Vereinigten Staaten stammen muss, um einen Platz in der Hall Of Fame der Saxophonisten besetzen zu dürfen. Da hilft es wenig, dass Miles Davis ein Fan des englischen Saxophonisten war.
Umso schöner, dass wir anhand des 1969 aufgenommenen und aktuell erstmals erschienen Albums Grits, Beans And Greens die Gelegenheit erhalten, dem Können von Tubby Hayes im Umfeld seines damaligen Quartetts nachzuspüren, das neben Hayes am Tenorsaxophon den in zwei zusätzlichen vollständigen Takes des Titels „For Members Only“ vom Gitarristen Louis Stewart ersetzten Pianisten Mick Payner, den Bassisten Ron Mathewson und den Schlagzeuger Spike Wells, sämtliche erstrangige Musiker ihres Fachs, umfasst.
Dieses Album lässt nachvollziehen, wie Tubby Hayes seine Improvisationen so gestaltet, dass sie auch 50 Jahre später noch aktuell klingen und den Hörer unmittelbar packen. Das Zusammenspiel der Quartett-Mitglieder auf Grits, Beans and Greens ist vorbildlich und durchweg intensiv und mitreißend. Dem Schlagzeug gelingt es, vom Bassisten gefolgt in traumhafter Sicherheit, Rhythmen vielgestaltig abzuwandeln und das Tenorsaxophon und das Klavier (der die Gitarre) zu motivieren, ihr Spiel reaktionsschnell an das vorgegebene Rhythmusmuster anzupassen. Das alles läuft scheinbar mühelos, einmal glatt dahinströmend, ein anderes Mal sich heftig reibend zielsicher ab. Und immer wieder staunt man über die schier unendlich aufblühende Eloquenz und Virtuosität des Saxophonisten, die ihresgleichen sucht und das Vorurteil nachhaltig ad absurdum führt, dass während der goldenen Zeit des Saxophons nur die Vereinigten Staaten von Amerika erstklassige Jazz-Saxophonisten hervorgebracht haben.
Tubby Hayes, Tenorsaxophon
Mike Pyne, Klavier
Ron Mathewson, Kontrabass
Spike Wells, Schlagzeug
Recorded June 24th, 1969 at Philips Studios, Stanhope Place, London
Engineered by David Voyde
Produced by Terry Brown