Kitsch Annett Louisan
Album Info
Album Veröffentlichung:
2020
HRA-Veröffentlichung:
21.08.2020
Das Album enthält Albumcover
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- 1 Hello 03:47
- 2 Bitter Sweet Symphony 04:01
- 3 I Want It That Way 03:19
- 4 Bungalow 05:21
- 5 (I Just) Died In Your Arms 03:17
- 6 Words 03:38
- 7 Eternal Flame 03:25
- 8 Friday I'm In Love 02:48
- 9 Atemlos durch die Nacht 03:58
- 10 Nights In White Satin 04:08
- 11 Marleen 05:01
- 12 Reality 04:44
- 13 Torn 03:29
- 14 Somewhere Over The Rainbow 03:07
- 15 Bungalow (Single Edit) 03:22
Info zu Kitsch
Annett covert stylisch und hochwertig die wirklich ganz großen Hits - von "Hello" über "Reality" bis "Marleen". Die Liste ist lang und zieht sich über einige Hit-Jahrzehnte.
Annett Louisan ist eine der erfolgreichsten Musikerinnen Deutschlands. 2004 wurde sie mit „Das Spiel“ fast über Nacht zu einem Star. Nicht nur die Radiostationen verliebten sich in den federleichten Popsong. Von einer „kleinen Hymne ans weibliche Selbstbewusstsein“ schrieb etwa der „Spiegel“, und bescheinigte Louisan Texte ohne die dem deutschen Liedgut so oft „immanente Peinlichkeit“. Ihr Debüt „Bohème“ erreichte nach sechs Wochen Gold- und nach neun Wochen Platinstatus und wurde damit zu einem der am schnellsten verkauften Debütalben der deutschen Musikgeschichte. Ein Erfolg, auf dem sich die Hamburgerin aber nicht ausruhte. Im Gegenteil: Sechs Alben folgten bis heute, alle erreichten sie die vordersten Chartregionen. Über 1,5 Millionen Exemplare ihrer CDs wurden bis heute verkauft oder aber in der letzten Zeit gestreamt. Viele der Songs von Annett Louisan haben eines gemeinsam: Annett Louisans Suche nach einem Platz außerhalb der eigenen Komfortzone, den Willen, ihre kleinen, großen Songs so zu inszenieren, dass sie sich tief ins Ohr des Hörers eingraben. Sie war 2016 Teil der VOX-Erfolgsshow „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“, zuletzt erschien im vergangenen Jahr „Kleine große Liebe“, ein Album, auf dem die Hamburgerin mit der unvergleichlichen Stimme sehr direkt aus ihrem Leben berichtete, vom Weg einer Künstlerin, erwachsen zu werden und dabei Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen.
Jetzt also „Kitsch“. Der Begriff gehört zu den zehn deutschen Wörtern, die am Schwierigsten zu übersetzen sind. Im Englischen, aber auch im Französischen und im Türkischen hat man „Kitsch“ deshalb kurzerhand übernommen. Die Definitionen von Kitsch sind zahlreich. So schön wie diese Platte ist keine davon.
„Das Album ist für mich eine zärtliche Verneigung vor Künstlerinnen und Künstlern aus unterschiedlichen Generationen und vor deren Songs, denen allen die Gemeinsamkeit innewohnt, uns zu berühren, und zwar in unterschiedlichen Gefühlslagen“, sagt Annett Louisan. „Ich habe mit meinen Versionen die in den Titeln verborgenen Botschaften versucht zu erfühlen, und die Songs auf meine Art und Weise mit aller Wertschätzung interpretiert und mir emotional zu eigen gemacht.“
Eine eigene Welt schaffen: In der Tat ist es genau das, was Annett Louisan auf „Kitsch“ überwältigend gut gelingt. Sie gibt jedem Song Annett-Louisan-Charakter – egal, ob es eine 40 Jahre alte Radio-Nummer ist oder ein Popsong aus der Gegenwart.
Die Idee zu dem Album entstand während des Corona-Lockdowns. Für Annett Louisan keine einfache Zeit. Alle Konzerte für das Jahr wurden abgesagt – es waren viele –, plötzlich fand sie sich fast vollständig auf sich selbst zurückgeworfen. „Ich hörte unfassbar viel Musik. Vielleicht so viel wie zuletzt als Kind. Das Zuhören, das Hineindenken in die künstlerische Welt vieler Kolleginnen und Kollegen bildete in diesen Wochen meinen gedanklichen und emotionalen Rückzugsort.“ Schließlich kam ihr die Idee, aus den Lieder die einen mitnehmen in eine vertraute sichere Welt eine Cover-Platte zu formen. Am ersten Tag nach dem Ende des Lockdowns flog sie mit ihrem Team nach Wien.
„Kitsch“ ist wie schon Annetts erstes Album mit Coverversionen, das 2016 veröffentlichte „Berlin, Kapstadt, Prag“, in der kongenialen Zusammenarbeit mit dem großartigen Produzenten Tobias Kuhn entstanden. An einem magischen Ort in Wien, in der ehemaligen neuseeländischen Botschaft, in der dunkelsten Zeit der Corona-Krise, lag zwar das hässliche Social-Distancing über allen. Dann aber geschah ein kleines Wunder: Annett und Tobias näherten sich stattdessen den wunderschönen Kompositionen und Texten an, die sie für das Album ausgewählt hatten, kamen so auch deren Botschaften näher und näher.
Das Wirkprinzip war dabei eines, das im Pop selten geworden ist: Anstatt an den Aufnahmen lange zu feilen, nochmal und nochmal und nochmal ins Studio zu gehen, war der Ansatz von Annett Louisan und ihren Musikern Spontanität und Direktheit. „Wir haben 14 Songs in 14 Tagen aufgenommen. Meistens habe ich im Regie-Raum mitgesungen, während die Band spielte. Und häufig waren da schon Takes dabei, die man nehmen konnte. Es muss doch nicht immer alles kompliziert sein!“
Man hört diese Vorgehensweise jedem Ton des Albums an. Weil Annett Louisan die Werke der anderen mit ihrem Stilempfinden und mit Respekt singt, aber eben nicht mit übertriebener Ehrfurcht, macht jeder Song und jede Interpretation neugierig. Und weil sie sich auf der anderen Seite nie scheut, deren tiefen musikalischen Strukturen offenzulegen, gibt sie ihnen so ihre jeweils eigene Note.
Deutlich wird das bei „(I Just) Died In Your Arms“, 1986 ein riesengroßer Hit für die britisch-kanadische Rockband Cutting Crew. Den AOR-Rock des Originals übersetzt Annett in zarte Akustik-Klänge, fügte den zauberhaft schwebenden Latin-Groove hinzu, den wir auch auf vielen anderen Songs des Albums hören. Dazu kommt ein Synthie, der sich gut im Arrangement versteckt: Die 80er-Jahre, die einem bei diesem Song normalerweise anspringen, hauchen dem Hörer in Annett Louisans Version zärtlich ans Ohr. Oder Lionel Richies „Hello“, ein Welthit, der übrigens in der Vergangenheit sehr selten interpretiert wurde. „Die Beatles oder die Stones zu covern, das macht jeder. Aber an solche Lieder traut sich kaum jemand ran!“, sagt Annett. Ihr „Hello“ zeigt, dass Mut sich lohnt: Entrückt klingt der Song bei ihr, ganz so, als würde er einem in dem flüchtigen Moment zwischen Schlaf und Aufwachen in den Kopf kommen und beim Start in den Tag begleiten. Oder „Bitter Sweet Symphony“: Die Britpop-Nummer von The Verve drehte Annett quasi einmal um die eigene Achse, gab dem Song, der in der Jugend eine ihrer Liebeskummer-Hymnen war, einen beinahe sonnigen Beat.
Diese beeindruckende Neupositionierung zieht sich durch das ganze Album. Marianne Rosenbergs „Marleen“ ist eigentlich ein Disco-Song. Annett Louisan entschleunigt ihn, gibt dem ernsten Inhalt ein ernstes Kleid. Plötzlich wird der Gesang nur noch von einem melancholischen Klavier begleitet – es ist sicher der intimste Moment auf „Kitsch“. „Friday I’m In Love“ von The Cure hingegen („der Fahrstuhl nach oben auf diesem Album“, sagt Annett), wird zum beschwingten Popsong, zu dem man wirklich kein Schwarz mehr tragen möchte.
Und dann ist da noch „Bungalow“. Es ist nicht das erste Mal, dass Annett Louisan einen Austropop-Hit covert, auf „Berlin, Kapstadt, Prag“, fand sich ihre Version des Wanda-Hits „Bologna“. „Ich liebe die österreichische Musikkultur. Die haben eine ganz eigene Sprache und wahnsinnig viel schwarzen Humor in ihren Liedern.“ Am Song reizte sie vor allem, dass er Melodiebögen besitzt, die man im deutschsprachigen Pop nicht unbedingt erwartet. Und auch mit der englischen Sprache flirtet: „Das finde ich mutig und frisch“. Mit ihren 43 Jahren und den damit verbundenen Lebensumständen kriegt der Titel auch noch einmal eine eigene Bedeutung. „Ich entfremde den Song durch meine eigene Person. Das ist reizvoll.“
Aber warum die erste Platte mit englischen Texten? Nun, egal ob es um The Verve geht oder um Natalie Imbruglias „Torn“, um „Hello“ oder „Reality“, den wunderbaren Schwofer aus „La Boum“: Annett Louisan ist mit all diesen Songs aufgewachsen. Sie sind Teil ihrer musikalischen DNA, auch wenn sie in der Vergangenheit fast ausschließlich in ihrer Muttersprache sang. Das Englische empfand sie als schöne Singsprache – und auch als gutes Transportmittel für eine Direktheit, die sie bisher eher mied. „Bei meinen eigenen Liedern habe ich mich immer bemüht, es etwas kompliziert zu machen. Allzu schlagerhafte Momente in den Texten zu vermeiden. Aber auf Englisch ist es möglich, gefühlig zu werden, ohne dass es einen gleich anspringt.“
Umwege erhöhen bekanntlich die Ortskenntnis. Und deshalb ist „Kitsch“ wichtig für Annett Louisan. Weil die Arbeit mit einer anderen Sprache einen Ausbruch aus der Routine bedeutet. Weil es ihr die Möglichkeit gibt, sich auszuprobieren. Eine eigene Ausdrucksweise zu finden. Für sie ist „Kitsch“ die Geschichte einer Reise – so wie das auch schon „Berlin, Kapstadt, Prag“ war. „Diesmal keiner Reise um die Welt, sondern einer Reise nach innen. If you can’t go outside, go inside.“ Es ist ein ausgesprochener Glücksfall, dass wir Hörer an dieser Reise teilhaben dürfen.
Annett Louisan, Gesang
Annett Louisan
In der kleinen Gemeinde Schönhausen in der Altmark ist das Land flach und der Fluss breit. Nach dem Krieg wurde der größte Teil des örtlichen Schlosses, in dem vor fast 200 Jahren Otto von Bismarck zur Welt kam, gesprengt. Die Bibliothek blieb stehen und diente lange als Schulgebäude. Hier ist Annett Louisan aufgewachsen. Geboren, in der nur wenige Kilometer entfernten Kreisstadt Havelberg, lebte sie bis zu ihrem zwölften Lebensjahr mit ihrer Mutter im kleinen Schönhausen an der großen Elbe.
„Dieser Ort hat meine Kindheit und damit mein ganzes Leben tief geprägt“, betont die junge Frau, die heute zu den erfolgreichsten und prägendsten Sängerinnen im deutschsprachigen Raum gehört. „Alles hier war sehr überschaubar. Wir hatten kein Telefon, und auch viele Dinge, die uns heute völlig selbstverständlich erscheinen, gab es einfach nicht. Wenn ich mich mit Leuten unterhalte, die Jahrzehnte älter sind als ich, kommt es vor, dass wir viele Alltagserinnerungen gemeinsam haben.“ Aus heutiger Sicht wirkt diese Kindheit an der Elbe fast ein bisschen wie eine vergessene Erinnerung an das 19. Jahrhundert. „Es hatte was von Huckleberry Finn am Mississippi“, sagt sie heute. „Und in Bismarcks Bibliothek bin ich zur Grundschule gegangen.“
Mit zwölf Jahren zog Annett mit ihrer Mutter stromabwärts, nach Hamburg. „Damals begann meine introvertierte Phase“, erinnert sie sich. „Das war schon ein krasser Wechsel: vom Dorf in die Großstadt, vom Osten in den Westen.“ Das Porträt der Künstlerin als junge Frau: Sie ist 17, malt und taucht immer tiefer in die so legendäre wie lebendige Hamburger Musikszene ein. Damals gab es deutschsprachigen HipHop, der prägend für sie war. Es gab die klugen Songwriter der Hamburger Schule, es gab Udo Lindenberg oder Ulla Meinecke – und über der Stadt schwebte immer noch ein bisschen der Geist von The Beatles live at the Star Club. Hier, in Deutschlands musikalischem Schmelztiegel, hatte sich in den 90ern eine höchst kreative Home Recording-Szene entwickelt. Und mittendrin: Annett Louisan.
Tagsüber studierte sie an der Kunstakademie Malerei, abends finanzierte sie ihr Studium u.a. als Backgroundsängerin für Popsongs oder Werbejingles. „Ich hatte schon immer eine sehr spezielle Stimme und eine saubere Artikulation, deswegen wurde ich gebucht.“ Doch längst arbeitete Annett an einem eigenen musikalischen Konzept, einer Melange aus Pop und Chanson, die sie schließlich mit dem Textdichter und Produzenten Frank Ramond so verfeinerte, dass 2004 unter dem Titel „Bohème“ ihr erstes Album erscheinen konnte. Gleich die erste Single „Das Spiel“ erreichte Platz 5 der Charts – für Annett Louisan aus dem kleinen Schönhausen in der Altmark war dies der Beginn eines neuen Lebens, der Beginn einer großen Karriere. Alles Weitere ist längst deutsche Pop-Geschichte.
Fünf Jahre lang folgten Album- und DVD-Veröffentlichungenen, ausverkaufte Tourneen, Gold- und Platinauszeichnungen, die Goldene Stimmgabel, der Deutsche Musikpreis ECHO als Künstlerin des Jahres und zahlreiche weitere Auszeichnungen. 2009, nach dem Platin-Erfolg „Teilzeithippie“ und der dazugehörigen Tour, begann sie in aller Ruhe mit den Vorbereitungen für ihr fünftes Album. „Ich wollte einfach persönlicher werden und fragte mich: Wer ist eigentlich Annett Louisan?“ Auf der Suche nach einer Antwort zog sie für eine Zeit lang allein nach New York. „In der Mutter aller Städte konnte ich alles sein und niemand. Gerade das half mir einen ehrlicheren Blick auf mich selbst zu bekommen. Ich habe dort wieder angefangen mehr Gitarre zu spielen und habe mir sehr viele Konzerte angeschaut.“ Dann ging’s zurück nach Deutschland, wo ich dann beispielsweise in Augsburg Brecht gesungen habe. Mir ging es einfach darum, etwas völlig anderes zu machen, um mich zu orientieren.“
Im Frühjahr 2010 kehrte sie nach Berlin zurück und begann mit der Arbeit an ihrem fünften Album, das nun unter dem programmatischen Titel „In meiner Mitte“ erscheint. Gemeinsam mit dem Liedermacher Danny Dziuk entstanden Songs, die sehr persönliche Einblicke gewähren, ohne dabei indiskret zu sein. Auch die Zusammenarbeit mit Ulla Meinecke, Annette Humpe und Ulf Krüger öffnet den Blick auf eine bislang unbekannte Annett Louisan, eine Künstlerin, die ihren Weg weiter geht und sich dabei auf ihre Wurzeln besinnt. Auf Geschichten, in denen das Land flach und der Fluss breit ist, Geschichten von Schönhausen, Hamburg, Berlin, New York und wieder zurück..
Dieses Album enthält kein Booklet