Lass irre Hunde heulen Gisbert zu Knyphausen & Kai Schumacher
Album Info
Album Veröffentlichung:
2021
HRA-Veröffentlichung:
10.09.2021
Label: Neue Meister
Genre: Classical
Subgenre: Classical Crossover
Interpret: Gisbert zu Knyphausen & Kai Schumacher
Komponist: Franz Schubert (1797-1828)
Das Album enthält Albumcover
- Franz Schubert (1797 - 1828):
- 1 Schubert: Gute Nacht 05:29
- 2 Schubert: Der Wegweiser 03:41
- 3 Schubert: Ständchen 03:28
- 4 Schubert: Nähe des Geliebten 04:10
- 5 Schubert: Du bist die Ruh' 04:26
- 6 Schubert: Der Doppelgänger 04:49
- 7 Schubert: Aufenthalt 03:02
- 8 Schubert: Die Krähe 03:14
- 9 Schubert: Der Leiermann 04:19
- 10 Schubert: Litanei auf das Fest Aller Seelen 04:53
Info zu Lass irre Hunde heulen
Franz Schubert (1797–1828) war im Grunde ein Singer-Songwriter. Nur das Dichten überließ er anderen. Tagsüber komponierte Schubert Lieder. Abends sang er diese, manches Mal sich selbst am Klavier begleitend, schon seinen Freunden vor. Ab und zu war der große Wiener Mozart-Sänger Johann Michael Vogl bei den »Schubertiaden« genannten Salons zu Gast und übernahm den Gesangspart. Bei Wein und Zigarren. Gar nicht immer die große Kunst. Vielmehr: ewige Melodien. In den 31 Jahren seines Lebens schrieb Schubert ungefähr 600 Lieder – und in diesen scheint er unmittelbar zu uns zu sprechen. Die unverstellte Stimme eines Menschen. Vielleicht heiser. Geschasst vom Alltag. Mit wenig Feedback aus der großen Community – und enttäuscht von so manchem Schwarm.
Die authentische Unverstelltheit, die große, aber hoch künstlerische, Einfachheit von Schuberts Lied-Oeuvre und die Liebe zu dessen Schaffen brachte den Duisburger Pianisten Kai Schumacher auf die Idee, in eine neue Auswahl dieser Lieder abzutauchen. Ohne Einstecktuch und Frack im Hirn, dafür mit Feuer im Herzen.
Kai Schumacher: „Die Schubert-Lieder gehören für mich mit zum Schönsten, was das 19. Jahrhundert an Musik hervorgebracht hat. Allerdings geht für mich bei klassischen Liederabenden die Unmittelbarkeit der Lieder verloren. Das ist mir oft zu artifiziell. Der klassische Sänger verkörpert auf der Bühne eine Rolle - perfekte Intonation und Werktreue sind oft wichtiger als Gefühl und Intention. Ich war schon immer neugierig wie es klingt, wenn jemand da ganz ungekünstelt rangeht, ohne klassische Etikette und die Lieder unvoreingenommen zu seinen eigenen macht. Dieser Sänger musste dabei eigentlich von Anfang an Gisbert zu Knyphausen sein.“
Im Songwriter Gisbert zu Knyphausen fand Schumacher tatsächlich jemanden, der schon erste Ausflüge in die Welt des Kunstliedes unternommen hatte. Auch wenn ihm diese zunächst noch ein wenig fremd vorkam.
Gisbert zu Knyphausen: “Als mich Kai fragte, ob ich Lust auf dieses Projekt hätte, das zunächst nur als reines Konzert in Duisburg und beim Reeperbahn Festival Hamburg angelegt war, dachte ich gleich: „Toll, das will ich unbedingt ausprobieren!“ Auf dem Flohmarkt hatte ich mir früher mal eine Platte mit Schubert-Liedern gekauft, aber so richtig war der Funke damals nicht übergesprungen. Eine erste Ahnung von der Schönheit des Kunstliedes bekam ich, als mir eine Freundin am Ende eines sehr betrunkenen Silvesterfestes den „Leiermann“, gesungen von Dietrich Fischer Dieskau, vorgespielt hat und wir beide sehr ergriffen davon waren. In den Katertagen danach habe ich mir dann die gesamte „Winterreise“ reingezogen. Nach Kais Anfrage habe ich mich natürlich intensiver mit den Liedern beschäftigt, aber es dauerte zugegeben noch eine ganze Weile, bis mir die Lieder so richtig ans Herz gingen. Irgendwann hat es dann aber „Klick“ gemacht und ich fing an, all die besonderen Momente zu entdecken: die großen Melodien, die kunstfertigen Harmoniewechsel.“
Schubert sucht sich intime Texte, die ein meist melancholisches Grundgefühl auf einen motivisch-melodischen Gedanken oder einen Rhythmus projizieren. Ein Fließen, ein Rattern, ein stetiges Mahlen der Mühlen; Es muss ja immer weitergehen. Bis zu einem Punkt, an dem Schubert die Faxen dicke hat. Zu viel Selbstmitleid verträgt kein Mensch. Hier sind Schubert und zu Knyphausen möglicherweise wesensverwandt: in ihrer Art, Liebe und Trauer in der Musik zu verbinden. In Liedern in Moll scheint plötzlich in völlig irrealem Dur Unwirkliches auf; in Dur-Liedern bricht im Gegensatz dazu ein trockenes, im Satz oft reduziertes Moll hinein. Im Glück die Trauer und in der Traurigkeit die krass schöne Utopie von Liebe und Geborgensein.
Kai Schumacher: „Uns war bei der Songauswahl und den Arrangements die Balance wichtig: ein Schubert-Album zu machen mit ausschließlich traurigen Liedern und viel zu viel Pathos wäre vielleicht in dieser Neubesetzung das gewesen, was man hätte erwarten können. Und hätte auch stur das viel zu einfache Klischee des armen unglücklichen Franz Schubert erfüllt. Deshalb war es notwendig, manchmal fast ironisch mit den Vorlagen zu brechen, wie z.B. beim "Ständchen" oder "Nähe des Geliebten". Außerdem wollte ich diesen schmalen Grad halten zwischen klassischem Anspruch und Respekt vor dem Original einerseits, und sehr persönlicher und zeitgeistiger Interpretation auf der anderen Seite. Also weder neo-romantischer Kitsch, noch glattgebügelter Crossover-Pop.“
In den sphärisch heulenden oder heiter ironisierenden Neuvertonungen von Kai Schumacher und Gisbert zu Knyphausen finden sich also all jene Ausdrucksspektren des Schubert-Lied-Universums wieder. Ein jedes Mal neu gedacht, erfühlt, in das Liedvorbild subjektiv und sehr sensibel eingedrungen.
Gisbert zu Knyphausen, Gesang, Gitarre
Kai Schumacher, Klavier
Weitere Musiker:
Sebastian Deufel, Schlagzeug
Michael Flury, Posaune
Felix Weigt, Kontrabass
Yana Gottheil, Violine
Luiza Labouriau, Violine
Friedemann Slenczka, Viola
Elif Dimli, Violoncello
Kai Schumacher
nutzt seine klassische Ausbildung an der Folkwang-Hochschule Essen, die er 2009 in der Meisterklasse von Prof. Till Engel mit dem Konzertexamen mit Auszeichnung abschloss, um das scheinbar Unvereinbare zu vereinen: Der "Punk-Pianist" (BR-Klassik) verwischt in seinen Konzerten die Grenzen von klassischer Avantgarde und Popkultur, ohne dabei in ausgetretenen Crossover-Pfaden steckenzubleiben.
Ein Schwerpunkt in Schumachers Solo-Repertoire liegt dabei auf der amerikanischen Klaviermusik des späten 20. und des 21.Jahrhunderts, neben diversen Uraufführungen und europäischen Erstaufführungen arbeitet er auch eng mit zahlreichen Komponisten der jungeren Generation zusammen.
Fur sein Album-Debüt bei WERGO wagte sich Kai Schumacher im Jahr 2009 an einen Meilenstein der modernen Klavierliteratur: "The people united will never be defeated" von Frederic Rzewski, einem abendfüllenden Variationszyklus über das chilenische Revolutionslied "El pueblo unido jamas sera vencido". Das Album wurde 2010 vom Magazin FonoForum als "pianistische Sensation" gefeiert und als Einspielung des Monats ausgezeichnet.
Sein Album "Transcriptions" (2013, INTUITION) dagegen widmet sich den musikalischen Helden seiner Jugend, wie z.B. Rage against the machine, Nirvana oder Slayer. Der Konzertflügel wird in Schumachers pianistischen Remixen mal zum vier Quadratmeter großen Klangungeheuer, zum mechanischen Effektgerät oder präparierten Schlagzeug.
Auf seinem dritten Album "Insomnia" (2015, HÄNSSLER CLASSIC) werden fünf Hymnen an die Nacht – komponiert von fünf amerikanischen Komponisten über einen Zeitraum von fast 100 Jahren - zum psychedelischen Soundtrack einer nächtlichen Odyssee.
Mit "Beauty in simplicity" verbindet Kai Schumacher jetzt Originalkompositionen und eigene Bearbeitungen für Klavier und "Pianotronics" zu einem repetitiven Set zwischen Meditation und Manie. In Werken aus drei Jahrhunderten von Erik Satie, Steve Reich oder Moderat trifft Minimal Music auf ihre ästhetischen Wegbereiter und Epigonen aus Ambient, Techno und Postrock.
Kai Schumacher arbeitet außerdem als Produzent und Arrangeur im Klassik- und Popbereich und konzertiert regelmäßig als Solist mit Orchestern. Konzertreisen führten ihn nach England, Frankreich, Belgien, Holland, Polen, Bulgarien, Litauen, Türkei, Israel, Palästina, Südkorea, Kirgisien, Brasilien und die USA. Seit 2015 unterrichtet Kai Schumacher als Assistent von Prof. Till Engel eine Klavierklasse an der Folkwang-Universität der Künste, Standort Duisburg.
Gisbert zu Knyphausen
Spätestens seit seinem zweiten Album 'Hurra! Hurra! So nicht.' aus dem Jahr 2010 gehört der Berliner Sänger und Gitarrist Gisbert zu Knyphausen zur ersten Garde der deutschsprachigen Songschreiber. Man sagt, seine Texte seien meist melancholisch. Doch immer ist da auch ein Hoffnungsschimmer, ein Glaube an das Gute und sehr viel Liebe und Zuneigung für die oftmals hadernden Figuren in seinen Geschichten. Bei PIAS Recordings sind bislang drei eigene Studioalben erschienen. 'Hurra! Hurra! So nicht.' stieg 2010 auf Platz 12 in die deutschen Albumcharts ein und brachte zudem eine Nominierung für die 1Live Krone als bester Alternative-Künstler. Dazu begeistert sich Gisbert zu Knyphausen immer wieder für Kooperations-Projekte wie Kid Kopphausen mit dem mittlerweile verstorbenen Nils Koppruch oder Husten mit Moses Schneider und Der dünne Mann.
Dieses Album enthält kein Booklet