Kelvin Jones
Biographie Kelvin Jones
Kelvin Jones
»Meinem Vater ist eine unglaubliche Geschichte widerfahren, als er so alt war wie ich heute bin: Er führte seine zehn Hunde aus, doch sie hörten auf zu bellen, als sie an einen Baum kamen, in welchem sich ein Gepard aufhielt. Ein tolles Bild: Ein Gepard ist imstande zehn Hunde so dermaßen einzuschüchtern, dass sie allesamt verstummten. Meinem Vater gelang der Rückzug, und der Gepard verzichtete auf einen Angriff auf die Hunde. Das war das Zimbabwe meiner Eltern.
Ich selbst habe so etwas nie erlebt. Ich wuchs zwar bis zu meinem neunten Lebensjahr in Zimbabwe auf — aber nicht auf dem Land, sondern in einem bürgerlichen Vorort von Harare. Nach Stevenage in der Nähe von London kam ich mit neun, als meine Eltern nach England zogen. Jetzt bin ich zwanzig. Ich spreche Shona, Englisch und Französisch.«
Kelvin Jones ist einer der großen Musik-Stars, die das Internet in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Ein Freund postete seinen Song »Call You Home« im Januar 2014 auf dem Internet-Portal Reddit.com, wo dieser binnen 24 Stunden über eine Million mal aufgerufen wurde. Das war der Anfang einer Geschichte, wie sie nur die Gegenwart schreiben kann. Der Song wurde von der Redaktion von »Good Morning America« entdeckt und gespielt. Quasi über Nacht rekrutierte Kelvin eine Armee von Followern — alle großen internationalen Plattenfirmen wollten ihn daraufhin unter Vertrag nehmen.
Kelvin Jones ist ein Fan von B.B. King, Buddy Guy und John Mayer. Seine Songs sind eine perfekte Melange aus Blues und mitreißendem Pop. »Natürlich kenne ich die Musik von Robert Johnson und Charlie Patton«, sagt Kelvin im Interview, »aber die Eintönigkeit des alten Delta-Blues macht mich ungeduldig. Ich liebe es melodiös. B.B. King ist mein größter Einfluss, weil er auf der elektrischen Gitarre keinen Ton zu viel spielt — und zugleich dem Blues-Schema die schönsten Melodien abgerungen hat.«
Kelvin Jones ist trotz seines jungen Alters bereits ein formidabler Minimalist. Er singt mit soulvoller Stimme, seine Melodien sind dabei ebenso eingängig wie schwelgerisch, und doch spielt er ohne jedes Ornament und ohne eklektische Verzierungen. Er hat dafür eine verblüffend entwaffnende Erklärung: »Ich bin zugleich ein Fan von Michael Jackson. In seinen Drei-Minuten-Popsongs war er imstande, Strophe, Bridge und Chorus zu Meisterwerken der Eingängigkeit zu amalgamieren.«
Die Songs seines Debütalbums »Stop The Moment« hat Kelvin in Berlin aufgenommen, mit Band. Zwar tourte er zuletzt alleine mit Akustikgitarre, doch wird sich dies jetzt ändern: »Nur ein guter Song kann auch spartanisch zur akustischen Gitarrenbegleitung vorgetragen werden. Deshalb ist es so wichtig, dass ich meine Songs alleine vor Publikum ausprobiere. Aber erst mit der Band im Rücken, mit der elektrischen Gitarre in der Hand, komme ich meiner Vorstellung von Blues-Pop wirklich nahe. Denn Klänge sind wie Farben — und öffnen somit Assoziationsräume. Meine Songtexte funktionieren am besten im Zusammenklang mit den Klangfarben.«
Warum Berlin? »Es geht immer um Menschen. Die Menschen sind der Grund, weshalb ich bei Four Music unterschrieben habe. Und die Menschen sind der Grund, weshalb ich mein Album in Berlin aufgenommen habe. Eine Rolle spielt die Sprache. Die Deutschen sprechen alle Englisch, aber im Unterschied zu den Engländern reden sie nicht um den heißen Brei herum. Sie sind direkt. Ich kann mit Lob und Kritik umgehen, so lange beides ehrlich ist. In England hingegen gibt es diese Kultur, mit vielen Worten stets höflich vage zu bleiben. Und im Prozess des Musikmachens ist Ehrlichkeit essenziell. Hinzukommt, dass ich es faszinierend fand, mein Debütalbum eben nicht zuhause aufzunehmen, sondern an einem Ort, wo alles fremd und interessant ist. In Berlin habe ich im Michelberger Hotel gewohnt, das in meinen Augen das heutige Chelsea Hotel ist. Wenn du eine Gitarre und einen Traum hast, dann gehe dorthin und versuche dein Glück.«
Hinzukommt: Kelvin Jones ist ein passionierter Skateboarder. »Jede Nacht, die ich nicht im Studio verbrachte, bin ich durch das nächtliche Berlin gefahren. Ich habe den Treptower Park auf diese Weise lieben gelernt und die Oberbaumbrücke. Aber mein Lieblingsort ist ehrlich gesagt sehr touristisch: Es ist der Fernsehturm am Alexanderplatz. Ich bestehe darauf, meine Freunde dorthin einzuladen. Denn von dort oben sieht man die Stadt, die mein Leben änderte.«