Zion Train
Biographie Zion Train
Zion Train
Seit gut zwei Jahren lebt und arbeitet Neil Perch in Köln. Als Mastermind der Dub-Combo Zion Train und als DJ mit seinem Sound System hat er gut zu tun. Polen und London liegen gerade hinter ihm, in Kürze geht es nach Istanbul. Was aber verschlägt einen wie ihn nach Köln?
„In England kann man nicht leben. Seien wir doch mal ehrlich: England ist hässlich. Kommt direkt nach Baghdad und den USA. Hier in Köln ist es relaxed und es macht mir Spaß, mich in der lokalen Szene zu tummeln. Die deutsche Reggae-Szene ist sehr lebendig. Da gibt es zwei Richtungen. Die einen nehmen den Rootskram aus Jamaica und behandeln ihn respektvoll und machen etwas eigenes daraus. Leute wie Gentleman leben das vor. Das finde ich sehr gut. Die anderen kopieren das Leben und Denken aus Kingston und tun so, als würden sie hier genauso leben. Wenn ich auf der Strasse diese Leute sehe, die sich aufführen als lebten sie im Ghetto, da bekomme ich zuviel! Leute, ihr seid keine Gangster! Gangster sind auch nicht lustig. Kriminalität ist überhaupt nicht lustig. Das gilt auch für die Jungs von Ward 21. Wenn ich die in einen Raum mit echten Gangstern setzen würde, hätten die sofort die Hosen voll. Diese ganze Attitüde geht mir schwer auf die Nerven.“ Wie beurteilt er die boomende Dancehall-Szene? „Eigentlich nicht schlecht, aber Leute wie Sean Paul sind Witzfiguren. Der nimmt die Kohle, die hart arbeitende Leute dafür bezahlen, um ihn zu sehen und zu hören, und dann macht er sich über diese Menschen lustig. Dancehall-Reggae wird es in fünf Jahren nicht mehr geben. Dub wird es immer geben, gab es auch schon immer. Und immer mehr Menschen entdecken Dub.“ Da mischt sich auch Sebastian Harzmann ein. DJ und Vollmitgleid bei Zion Train. „Wenn ich auflege, habe ich auch immer Dancehall-Scheiben dabei, einfach weil es sein muss. Aber es ist seltsam, immer wenn ich drei Stücke davon gespielt habe, kommen die jungen Leute, sehr junge Leute, und bitten mich, doch wieder Roots oder Dub aufzulegen. Das lässt mich wirklich hoffen. Es tut sich was in Deutschland.“ Zurück zu Neil, der gerade mit der neuesten Zion Train Scheibe fertig geworden ist. Ein Remix-Album. „Ich habe viele alte Zion Train-Stücke genommen und an Produzenten rund um die Welt geschickt. Die durften dann damit machen, was sie wollen. Manche sind nah an der Vorlage geblieben, andere haben was völlig eigenes gemacht und nur Fragmente der Songs verwendet. Es gibt also heavy Dub auf der Platte aber auch Dancefloor-Kram, wie zum Beispiel von Pier Paolo Polcari, einem angesagten Italiener. Meine Aufgabe war es dann nur noch, die Stücke in eine Reihenfolge zu bringen, die dann auch passt. Eine sehr schöne Arbeit.“ Und was ist mit Zion Train selbst? Wann kann man da was neues erwarten? „Wir arbeiten daran, in verschiedenen Studios auf dieser Welt, und schicken die Dateien und CDs hin und her. Aber es wird noch bis Ende 2005 dauern, bis die neue Platte fertig ist. Wir bringen auch viele alte Scheiben von Zion Train neu heraus, weil sie vergriffen sind. Das wird mein Job sein in den nächsten Monaten, denn wir haben wieder unser eigenes Label und dadurch aber auch die absolute Kontrolle. Ich bin froh, dass wir von dem Major Label weg sind. Das waren drei schlimme Jahre, das war ein Fehler von mir. Aber OK, Fehler müssen gemacht werden. Jetzt lebe ich nicht mehr, um Geld zu verdienen, jetzt lebe ich, um Musik zu machen – und wenn dabei auch noch Kohle rausspringt – umso besser!“ Was kann man da hinzufügen?