Resilience Signum ist ein eher ungewöhnlicher Titel für ein Album klassischer Musik. Frei übersetzt handelt es sich um ein Zeichen des Widerstands, und ganz frei um einen Aufruf zum Widerstand. Eine Erklärung der Musiker, was sie unter Resilience Signum verstehen findet sich im Booklet zu diesem Album:
„Die Entstehung unseres Albums RESILIENCE wurde in der turbulenten Zeit vor und nach den US-Präsidentschaftswahlen im Herbst 2016 konzipiert. Viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt marschierten für die Sache, die gespaltene Natur unserer Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Diese Demonstrationen haben unser Quartett veranlasst, uns über unsere Bestimmung als Musiker in dieser Zeit sozialer Umbrüche klar zu werden. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir unseren Zuhörern auf der ganzen Welt eine Botschaft der Stärke und Hoffnung vermitteln wollen. Außerdem wollten wir durch unsere Musik zeigen, dass die Kraft, Widerstand zu leisten, in jedem von uns steckt.“
Das ist ein starkes politisches Statement gegen den auf populistischen Füßen daherkommenden, weltumgreifenden Nationalismus. So deutlich, wenn überhaupt wird das aktuell von keiner anderen Künstlergruppe, jedenfalls nicht von klassischen Musikern öffentlich verlautbart. Soweit also die verbale Botschaft des Calidore String Quartet. Und welche Musik dient hier als Vehikel für diese Botschaft?
Trauer, Schmerz und Leid lautet der gemeinsame Nenner der Musikstücke auf diesem Album. Prokofjews zweites Quartett entstand 1941 als die deutsche Armee sich der Stadtgrenze Moskaus näherte und Künstler der Stadt, unter ihnen der Komponist in Süden der Sowjetunion evakuiert wurden. Dieser historische Hintergrund überlagert als dunkler Schatten die drei von lebenbejahenden Volkstänzen bestimmten Quartettsätze. Trotz allem verbleibt flackert immer wieder, gerade im letzten Satz Hoffnung auf bessere Zeiten für das malträtierte Land auf.
Janáčeks erstes Streichquartett ist entlang Tolstois Erzählung „Kreuzersonate“ konzipiert, die von unglücklicher Liebe erzählt. Entsprechend düster ist die Grundstimmung des viersätzigen Werks, das jedoch immer wieder Hoffnung auf Glück aufscheinen lässt, für das die Exponentin der Erzählung heftig kämpft, letztlich jedoch tragisch unterliegt. Osvaldo Golijovs im Jahr 2000 entstandenes einsätziges Werk Tenebrae spiegelt die krasse Brutalität feindlicher Auseinandersetzungen am Beispiel Naher Osten. Friedliche Aussichten: Fehlanzeige. Felix Mendelssohns sechstes Streichquartett sticht aus seinen ansonsten lichten und freudvollen Quartettwerken durch seine zutiefst düstere Stimmung heraus, die vom Tod seiner über alles geliebten Schwester Fanny hervorgerufen ist. Hier wird nicht nur geklagt, sondern auch zornig gegen den Schicksalsschlag protestiert, den der Verlust eines geliebten Menschen zur Folge hat.
Das Calidore String Quartet geht bei der Realisierung der zu Herzen gehenden Stimmungsbilder der auf Resilience Signum präsentierten Kompositionen hellwach und flexibel ans Werk. Da wird nichts beschönigt. Vielmehr werden alle Verzweiflung und Trauer voll ausgespielt, so dass die eher seltenen Lichtblicke entsprechend hell aufleuchten. Die vier Musiker des Calidore Quartetts stützen das eingangs zitierte Statement gegen den auf populistischen Füßen daherkommenden, weltumgreifenden Nationalismus musikalisch offenbar mit dem Optimismus, der selbst den hier versammelten, grundsätzlich pessimistisch angelegten Quartettkompositionen innewohnt.
Calidore String Quartet