Maria Callas war in Ihrer Zeit und ist für viele Anhänger Ihrer Gesangskunst bis heute die unerreichte Primadonna Assoluta der Opernbühne. In diesem Sinne ist Ella Fitzgerald die Callas des Jazz-Gesangs. Auch Ihre Gesangskunst ist unbestritten unerreicht. Zahlreiche in Studios und live entstandene und bis heute verfügbare Aufnahmen künden von diesem Ausnahmetalent des Jazz-Gesangs. Wer Ella, wie sie liebevoll genannt wird, auch nur einmal auf der Bühne erlebt hat, ist ihr lebenslang verfallen. Eines der gloriosen auf Band festgehaltenen und als Ella in Berlin alias Mack The Knife veröffentlichten Konzerte brachte das Berliner Publikum 1960 zum Rasen. Seit kurzem gibt es eine weitere als The Lost Berlin Tapes erhältliche Liveaufnahme aus Berlin, das zwei Jahre später stattfand und eine Tendenz der Platten/CD-Industrie aufzeigt, tief in die Schatzkiste unveröffentlichter Aufnahmen zu greifen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eines der neuesten Produkte dieser Art ist das Album Ella At The Hollywood Bowl, in dem Ella zum ersten und einzigen Mal das Irving Berlin Songbook live in der Hollywood Bowl vorgetragen hat. Auf Band wurden das Konzert vom 16. August 1958 in Stereo vom legendären Produzenten Norman Granz aufgenommen, jedoch bis dato nicht veröffentlicht. Die Bänder schlummerten in Granz‘ Privatsammlung, bis sie vor ein paar Jahren vom Verve-Manager Ken Druker und dem Grammy-gekrönten Produzenten Gregg Field entdeckt, der die Bänder neu abgemischt hat. Das daraus zusammengestellte Album Ella At The Hollywood Bowl hält nicht nur ein fulminantes und vom Publikum frenetisch bejubeltes Konzert von Ella Fitzgerald fest. Vielmehr handelt es sich dabei um das erste Mal, dass ein Songbook von Ella live veröffentlicht wurde. Es ist auch insofern von Bedeutung, als es das einzige Mal ist, dass Ella, die in der Hollywood Bowl häufig zu erleben war, im Konzert mit dem Arrangeur und Dirigenten Paul Weston zusammenarbeitete. Mit anderen Worten ist auf diesem Album eine Ella-Sternstunde festgehalten.
Und es war etwas Besonderes. In 15 Songs spielten Ella und das Orchester umwerfende Arrangements einiger von Berlins bekanntesten Songs, darunter die klassischen Balladen „How Deep Is The Ocean und Supper Time“, die Hollywood-Melodien „You're Laughing At Me“ und „Get Thee Behind Me Satan“ sowie die schwungvollen Uptempo-Nummern „Cheek To Cheek“, „Top Hat“, „I've Got My Love To Keep Me Warm“, „Heat Wave“ und „Puttin' On The Ritz“. Das Konzert sprüht nur so vor Energie, die auf der Studioaufnahme des Irving Berlin Songbook naturgemäß nicht zu finden ist, da Ella von der Energie und dem Enthusiasmus des Publikums profitiert, dessen Applaus und Bewunderung jeden Song untermalt.
Es darf als sicher gelten, dass Ellas Anhängerschar an diesen den Tiefen eines Archivs entrissene Album, das für seine Entstehungszeit überraschend gut klingt nicht vorbei gehen wird. Und sollte es überhaupt Fans des Jazz-Gesangs geben, denen sich die Gesangskunst dieser Primadonna Assoluta bisher nicht erschlossen hat: hier ergibt sich die Gelegenheit, dieses Manko auszugleichen.
Ella Fitzgerald, Gesang
The Hollywood Bowl Pops Orchestra
Paul Weston, Dirigent